Von zensierter Muse, chaotischer Pedanterie und unserem Adventskalender: Katharina Gerlach im Qinterview

QinterviewDer Dezember naht, ab Montag gibt es wieder in jeder Familie, jedem Kindergarten und jeder Grundschule, auf seriösen und jeder unseriösen Seite Adventskalender – und auch wir können der Versuchung nicht widerstehen, bietet sie doch eine Möglichkeit, unsere Leidenschaft an die Leser zu bringen. Geschichten.
Für die Gestaltung danken wir herzlich Katharina Gerlach und nutzen die Gelegenheit, sie euch im Qinterview vorzustellen.

 

1.    Wer bist du und was machst du in puncto Self-Publishing?
Ich bin … na ja … vielseitig interessiert und ein wenig verrückt. Ich liebe Fantasy und Geschichte, Sprachen und Natur. Es ist nicht immer ganz leicht, all das unter einen Hut zu bringen, aber ich gebe mir Mühe. Ich veröffentliche meine Bücher unter meinem Lable „Independet Bookworm“, und habe Anfang dieses Jahres meinen ersten zusätzlichen Autor ins Programm genommen.

2.    Was hat dich dazu bewogen, deine Bücher selbst zu veröffentlichen?
Ich liebe die Kontrolle, die ich über den gesamten Prozess habe. Meine Bücher sollen genau so sein, wie ich sie haben will. Reinreden lasse ich mir da nur von jemandem, der gute Argumente bringt, warum ich etwas anders machen sollte.

3.    Wie sind deine bisherigen Erfahrungen mit Self-Publishing?
Ich bin ganz zufrieden. Am meisten freut es mich, wenn jemand meine Bücher mag und das auch sagt. Finanziell darf es gerne noch etwas besser werden. 😉

4.    Was findest du beim Self-Publishing problematisch?
Marketing – ich bin nicht der Typ, der sich hinstellt und behauptet, seine Bücher wären die besten der Welt. So langsam lerne ich, dass es auch anders geht. Mir macht es Freude, von Fans zu hören und ich antworte immer gerne, soweit es meine Zeit erlaubt. Es ist mir wichtig, dass diejenigen, die meine Bücher lieben, diese Liebe verbreitet. Das tun sie sicher gerne, wenn sie merken, dass ich auch als Person ganz verträglich bin.

5.    Was erscheint dir nützlich, um das Problem zu beheben?
So sein wie ich bin, niemanden absichtlich ignorieren, immer freundlich bleiben und nichts sagen, was man vielleicht irgendwann bereuten würde (weder online noch offline) und, zu guter Letzt, NIEMALS auf eine negative Kritik reagieren. Jede/r LeserIn hat das Recht auf eine eigene Meinung, und meine Bücher können nicht allen Menschen auf der Welt gefallen (zumal zu viele von denen gar nicht lesen können).

Katharina Gerlach: Urchin King6.    Wieso tust du dir die Härten des Selbstverlegers freiwillig an? (Leserfrage)
Ich bin süchtig nach dem Schreiben von Geschichten und habe mittlerweile so viel gelernt, dass die meisten meiner LeserInnen meine Bücher schätzen. Wenn ich sowieso Geschichten am laufenden Band produziere, warum sollte ich nicht versuchen, auch andere für meine Welten zu begeistern?

7.    Wer sind deine ersten Testleser? Und warum dürfen gerade diese Leser deine Worte zuerst genießen?
Ich habe eine kleine Gruppe von 6 Autorinnen. Wir lesen gegenseitig unsere Werke und kommentieren sie. Nach der Revision bekommen zwei liebe Freunde von mir die Geschichten für den Feinschliff, dann geht alles an meinen Lektor (der erste in der Reihe, der dafür bezahlt wird) und abschließend zum Korrektorat (Rechtschreibfehler-Kontrolle, ebenfalls bezahlt)

8.    Hat dich schon einmal ein Treffen mit einem Fan zu einer Idee inspiriert? (Leserfrage)
Meine Fans sitzen zur Zeit noch überwiegend in den USA, so dass ein Treffen nicht so einfach ist. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. 😉

9.    Kommt es vor, dass Figuren etwas anderes tun oder sagen, als du geplant hast? (Leserfrage)
Andauernd. Deshalb muss ich beim Planen meiner Geschichten (ich schreibe nie ohne Plan), genug Raum für Flexibilität lassen. Eigentlich passe ich meine Planung jeden Schreibtag aufs Neue an.

10.    Wie hat sich dein Alltag durch das Schreiben verändert?
Ich schaffe den Haushalt nicht mehr 😀
Mal ernsthaft: sobald die Kinder aus dem Haus sind und der Spaziergang mit dem Hund erledigt ist, setze ich mich an den Schreibtisch und verlasse ihn erst wieder, wenn es Zeit zum kochen ist (Wochenenden frei). Selbstverständlich muss man da bei anderen Arbeiten Abstriche machen, bei mir ist es der Haushalt. Vieles mache ich zu schnell, so dass auch mal ein wenig Staub rumliegt, oder die Wäsche 3-4 Tage länger darauf warten muss, in den Schrank zu kommen.

11.    Was machst du, wenn du nicht schreibst?
Ich habe eine Familie und einen Hund, denen ich so viel Zeit wie möglich widme. Wir gehen gerne laufen und schwimmen, und sind Leseratten, so dass man uns oft im Wohnzimmer hingelümmelt findet, alle mit einem Buch (bzw. eBook) vor der Nase.

12.    Wie bist du zum Schreiben gekommen? Durch wen oder was?
Ich habe schon als Kind Geschichten erfunden und aufgeschrieben (ich habe die sogar noch!). Irgendwann ermutigte mich meine beste Freundin mal eine davon zu veröffentlichen. Seither arbeite ich daran, ständig besser zu werden. Mit der eBook-Revolution habe ich dann angefangen, schriftstellerisch auf eigenen Füßen zu stehen.

13.    Was liebst du am Schreiben? Was magst du nicht so sehr?
Es gibt am Schreiben nichts, was ich nicht mag, aber die Überarbeitung ist mir am liebsten. Ich glaube ich bin eine der wenigen Autorinnen, die diesen Prozess lieben. Ich finde es toll zu sehen, wie aus einem Rohling eine runde Geschichte wird.

14.    Wie geht deine bessere Hälfte/Familie mit deinem „Schreibwahn“ um?Katharina Gerlach
Er übt sich täglich in Geduld. Trainingsobjekt: zwei pubertierende Töchter. Bei dem Chaos in ihren Zimmern, fällt einem das bisschen Staub im ansonsten ordentlichen Wohnzimmer gar nicht auf. 😀

15.    Was liest du gern? Welches Genre? Gibt es einen speziellen Autor? (Leserfrage)
Ich lese alles, was interessant klingt, aber am liebsten Fantasy und SciFi. Ich habe viele LieblingsautorInnen. Die wichtigsten sind: Diana Wynne Jones, Neil Gaimen, Astrid Lindgren und Alan Dean Foster. Dazu kommen ein paar Indies aus den USA (Danyelle Leafty, Jean Marlow, Holly Lisle) und viele, die eher unbekannt sind. Ich horte auch meinem Dachboden an die 2000 Bücher – die eBooks habe ich nicht gezählt.

16.    Wenn du als Autor ein Buch liest, machst du es hundertprozentig als Privatperson oder liest der Autor in dir? (Leserfrage)
Ich lese als Privatperson, bemerke aber oft Dinge, die ich aus meinem Schreiballtag kenne. Das macht es manchmal schwerer, ein Buch wirklich zu mögen, weil ich oft das Ende schon lange vorher sehe. Ich bin immer wieder begeistert, wenn es AutorInnen gelingt, mich zu überraschen.

17.    Welches Buch hättest du gerne selber geschrieben?
Die Flüsse von London (Ben Aaronovitch) oder die Thursday Next Serie (Jasper Fforde)

18.    Welche Kritik hat dich am meisten gefreut oder geärgert?
Ich freue mich über jede Kritik, ob gut oder schlecht. Wenn sich jemand die Zeit nimmt, eine Rezension zu schreiben, zeigt mir dass, dass ich etwas in dieser Person berührt habe. Natürlich bin ich nicht glücklich, wenn jemand unzufrieden mit meinem Buch war, aber es ist unmöglich ein Buch zu schreiben, dass allen Menschen gefällt. Daher kann Kritik, egal wie sachlich vorgetragen, nur subjektiv sein.

19.    Was wird dein nächstes Projekt?
Ich arbeite immer an vielen Dingen gleichzeitig. Im Augenblick schreibe ich am 4. Band einer Serie von Märchen-Neuerzählungen, feile an einem Nicht-linearen Fantasy Krimi (mit vielen verschiedenen Wegen durchs Buch), und plane den zweiten Band einer Fantasy-Krimi-Serie. Außerdem spuken mir noch eine Reihe Kurzgeschichten im Kopf herum.

20.    Wo findet man dich im Internet?
Auf meiner Homepage natürlich. Wer sich für meine Geschichten interessiert, kann sich auch für meinen Newsletter eintragen (es gibt ein eBook zur Belohnung), der in unregelmäßigen Abständen herauskommt. Ansonsten bin ich bei Pinterest, Facebook und Google+, verbringe aber auf allen Seiten nicht sehr viel Zeit. Die brauche ich nämlich zum Schreiben.

 

Liebe Katharina, wir danken dir für die Antworten.
Und wir wünschen dir und allen Lesern eine schöne Adventszeit und viel Spaß mit den Kalendern all überall auf den Tannensp…

 

About Florian Tietgen

... trat 1959 als jüngerer Zwilling seinen Bruder auf die Welt, bevor der Arzt entsetzt rief: "Huch da kommt ja noch einer." Seitdem verstecke ich mich erfolgreich in unterschiedlichen Berufen und habe seit 2003 verschiedene Geschichten und Bücher veröffentlicht. Vorwiegend schreibe ich für Jugendliche und Gesellschaftsromane.

2 Replies to “Von zensierter Muse, chaotischer Pedanterie und unserem Adventskalender: Katharina Gerlach im Qinterview”

  1. Ann-Bettina

    Hallo Katharina,
    ich musste beim Lesen dieses Interviews ein paar mal schmunzeln. Den Haushalt auch mal links liegen zu lassen, kenne ich aus eigener Erfahrung:-) Es gibt halt spannendere Dinge als Wäsche waschen und putzen.
    Deine Idee mit dem nicht linearen Fantasy-Krimi finde ich total spannend. Ich kann mir zwar im Moment noch nicht wirklich vorstellen, wie das tatsächlich ablaufen soll, aber wir werden es ja erleben 🙂
    Viele Grüße
    Ann-Bettina

    1. Katharina Gerlach

      Danke, Ann-Bettina. Ich stimme dir aus vollstem Herzen zu, was den Haushalt angeht. Nut sieht das meine Schwiegermutter natürlich gaaaanz anders. 😀

      Der nicht lineare Fantasy Krimi ist so geschrieben, dass der/die LeserIn am Ende jeder Szene eine Wahl hat. Ja nachdem, wofür er sich entscheidet, führen die Links zu verschiedenen Stellen im Buch. So etwas gibt es schon für Kinder, allerdings sind das episodenhaft zusammen gestümperte Bücher, bei denen keine zwei Szenen wirklich zusammenhängen, und das anstrengenste ist die Erzählweise in 2. Person (du gehst… du greifst and… grausam). Mein Roman erzählt immer eine vollständige geschichte, egal welchen Weg der/die LeserIn wählt, und er ist in ICH-Form geschrieben.