Von Schwarzweißfernsehern, Topfdeckelgeklapper und ausgezogenen Schwestern: Weihnachten bei Birgit Böckli

Unsere letzte Station führt uns über Wickrath/Mönchengladbach in die Kurpfalz. Und dort werden wir mit einer herzlichen Mischung aus Andacht und Pragmatismus empfangen, die mich an die Herdmanns denken lässt.

1. Wo bist du aufgewachsen und wie habt ihr dort Weihnachten gefeiert?
Meine ersten Lebensjahre habe ich in dem kleinen Städtchen Wickrath verbracht, das heute zu Mönchengladbach gehört. Später hat es mich dann in die Kurpfalz verschlagen, wo ich bis heute lebe. Vermutlich glichen unsere damaligen Weihnachtsrituale denen tausender Familien zu jener Zeit, für mich waren es dennoch ganz besondere Tage.
Das Wohnzimmer wurde schon nach dem Frühstück zugesperrt und wir Kinder waren eigentlich dazu angehalten, den Tag im Obergeschoss zu verbringen, was mich aber nicht davon abhielt, immer wieder nachzuschauen, ob ich nicht doch einen Hinweis auf das Christkind erhaschen konnte. Ja, bei uns brachte das Christkind die Geschenke, und nachdem ich einmal ein helles Leuchten durch die Glasscheibe der Wohnzimmertür gesehen hatte, war ich auch lange Zeit nicht mehr davon abzubringen, dass es mir begegnet war. Meine Eltern rätselten später selbst, was ich da gesehen haben könnte, und einigten sich darauf, dass wohl jemand mit einer brennenden Kerze den Raum durchquert haben müsse. Aber wer weiß …
Meine Schwestern waren damals schon ausgezogen, und so durfte ich den Nachmittag meist im Zimmer meines älteren Bruders verbringen, der unter anderem im Besitz eines tollen Schwarz-Weiß-Fernsehers war.

2. Gab es Rituale für den Heiligabend und den ersten und zweiten Weihnachtstag?
Den Tag über waren meine Eltern immer sehr beschäftigt. Den Baum bekam ich vor Weihnachten nie zu sehen, der war genauso geheim wie die Geschenke. Soweit ich mich erinnere, ging mein Vater am späten Nachmittag mit uns in die Kinderchristmette. Wenn wir zurückkamen, hatte meine Mutter das Abendessen fertig. Danach verschwand mein Vater unter irgendeinem Vorwand aus der Küche und im Wohnzimmer läutete das Glöckchen. Ich bin lange nicht auf die Idee gekommen, dass es da einen Zusammenhang geben könnte, für mich war es das Christkind oder doch wenigstens ein Engelchen aus der Helfertruppe, das uns da rief.
Nach der Bescherung im engsten Kreis kamen am späteren Abend auch noch meine drei Schwestern mit ihren Familien vorbei, das fand ich immer besonders schön, Weihnachten mit einer richtig großen Familie zu feiern. An die eigentlichen Weihnachtstage kann ich mich gar nicht mehr erinnern, für mich war als Kind nur der Heilige Abend von Bedeutung.

3. Was habt ihr gegessen? Hast du ein Rezept für uns?
An Heiligabend gab es die obligatorischen Würstchen mit Kartoffelsalat, später, als ich älter wurde, wechselte meine Mutter zwischen Pizza Baguette und Pasteten mit Ragout fin hin und her. Für die beiden Weihnachtsfeiertage gab es kein festes Menü. Wenn ich mir damals ein Festtagsessen wünschen durfte, war das meistens Tafelspitz.

4. Welche Rolle spielten Geschichten oder die Weihnachtsgeschichte?
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir damals im Kreis der Familie die Weihnachtsgeschichte gelesen hätten. Was mir aber noch lebhaft im Gedächtnis ist, sind die vier Adventssonntage, wo wir nachmittags alle zusammensaßen. Dann wurden aus einem kleinen Heftchen kurze Geschichten gelesen und Weihnachtslieder gesungen. Nachdem ich mir ordentlich die Finger verbrannt hatte, wollte ich lange nichts mehr von Adventskränzen wissen, aber sonst war es immer sehr beeindruckend.

5. Welche Rituale hast du in dein Erwachsenenleben übernommen?
Na, fast alle, würde ich sagen. Nur den Baum durfte meine Tochter immer sehen, den wollte ich nicht auch noch verstecken müssen, aber vom Kartoffelsalat bis zum Glöckchen ist bei uns alles so geblieben wie vor vierzig Jahren. Auch wenn das Christkind, nachdem die Glocke zu Bruch gegangen war, im letzten Jahr mit zwei Topfdeckeln um Aufmerksamkeit bitten musste. Auch die echten Kerzen am Baum haben wir bis heute beibehalten. Seit einigen Jahren kommt nach Weihnachten zusätzlich noch eine Lichterkette zum Einsatz, aber den Heiligen Abend möchte ich bei richtigem Kerzenschein verbringen.

6. Welche Bücher verschenkst du zu Weihnachten?
Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich ein Buch verschenken soll. Möglicherweise werde ich mich selbst mit einem Buch beschenken, das wird dann aber vermutlich eher ein Sachbuch sein.

Wir wünschen dir ein besinnliches Fest, liebe Birgit.

About Florian Tietgen

... trat 1959 als jüngerer Zwilling seinen Bruder auf die Welt, bevor der Arzt entsetzt rief: "Huch da kommt ja noch einer." Seitdem verstecke ich mich erfolgreich in unterschiedlichen Berufen und habe seit 2003 verschiedene Geschichten und Bücher veröffentlicht. Vorwiegend schreibe ich für Jugendliche und Gesellschaftsromane.