Am Rande der Kleinstadt, in der ich in den Siebzigern meine Kindheit verbrachte, gab es einen kleinen Pappelwald. Wir nannten ihn „das Hexenwäldchen“. Unsere Streifzüge führten häufig an diesem Wäldchen vorbei. Meine große Schwester erzählte mir Spukgeschichten darüber. Sie machte das gut, kurbelte meine Fantasie auf Hochtouren. Ich malte mir alles Mögliche aus, was in diesem Wäldchen geschehen sein konnte. Warum es so gefährlich war, es zu durchqueren. Fast täglich spazierte ich mit unserem kleinen Hund daran vorbei. Angst hatte ich keine. Die musste man nur haben, wenn man reinging, und das tat ich nie.
Eines Tages erspähte meine Schwester eine Plastiktüte hinter einem Baum. Todesmutig, wie große Schwestern sind, holte sie die Tüte aus dem Wald. Ein kleines Skelett lag darin. Unsere Mutter, der wir unseren Fund zeigten, behauptete steif und fest, es sei ein Katzenskelett. Sie erkannte nicht, dass da ein seltenes Fabelwesen gestorben war. Das erkannte nur ich. Abends im Bett sponn ich mir Geschichten zusammen, was das kleine Wesen für ein Leben in diesem verzauberten Wald geführt hatte, und wie seine Überreste schließlich in der Tüte gelandet waren. Es half alles nichts: meine Mutter bestand darauf, dass wir das seltene Wesen – das Letzte seiner Art, nach meiner Überzeugung – entsorgten.
Die Faszination für das Unheimliche, das Dunkle ist mir geblieben. Noch Jahre später – ich bin längst weggezogen -, denke ich an den Hexenwald und frage mich, wie dieses Wäldchen zu seinem Namen kam. Ich habe es nie herausgefunden. Aber es hat mich zu einer Kurzgeschichte inspiriert: „Der Hexenwald“ erschien 2013 in einer Magazinausgabe der XUN-Fantastische Geschichten. Und weil mich die Geschichte immer noch nicht losließ, schrieb ich schließlich diesen Roman.
„Schlechtes Blut“ beschreibt das Grauen, das jeden von uns heimsuchen kann. Es ist eine Geschichte über eine Familie, die sich diesem Grauen stellen muss, und dafür ein furchtbares Opfer bringt.