Die Hälfte des Jahres ist schon fast wieder abgelaufen, wir können hoffentlich den Sommer genießen, ohne schon an den Winter zu denken, lesen, uns inspireren lassen, ein bisschen relaxen und aufpassen, dass weder Wasser noch Sand in den E-Book-Reader kommen.
Und für das sommerliche Qinterview habt ihr Stefanie Hasse ausgewählt, die unsere Fragen nicht mit schwarzem Rauch vernebelt, sondern klar, deutlich, humorvoll und spannend beantwortet hat.
1. Wer bist du und was machst du in puncto Self-Publishing?
Mein Name ist Stefanie Hasse und ich bin Self-Publisher.
– Hallo Stefanie
Oh, das war der falsche Termin.
Der Name passt, die Aussage auch, nur was ich sonst dazu noch schreiben sollte, weiß ich nicht… Vielleicht, dass ich mittlerweile eine komplette Trilogie im Selfpublishing veröffentlicht habe? Und stolz wie Oskar darauf bin, einfach alles selbst gemacht zu haben?
2. Was hat dich dazu bewogen, deine Bücher selbst zu veröffentlichen?
Ganz ehrlich? Die Ungeduld. Eine sehr schlechte Charaktereigenschaft, ich weiß – aber was soll ich machen?
Als ich meinen ersten Roman fertig hatte und mich durch das Internet gelesen habe, um mir Tipps zu holen, wie ich es Verlagen vorschlagen oder präsentieren könnte, standen überall die grausamen Wartezeiten, in denen man bibbernd und auf Antworten wartend an den Nägeln kaut und dann am Ende doch Millionen von Absagen kassiert. Das wollte ich meinem frisch gebackenen und noch sehr brüchigen Autorenherz nicht antun und habe mich mehr auf Seiten umgesehen, die das Self-Publishing thematisieren.
3. Wie sind deine bisherigen Erfahrungen mit Self-Publishing?
Ich fühle mich sehr wohl dabei. Wenn ich mir die Hektik und den Stress ansehe, denen manche Verlagsautoren unterliegen, schlage ich mir immer wieder auf die Schulter und sage mir, dass ich mich richtig entschieden habe.
4. Was findest du beim Self-Publishing problematisch?
Ich glaube, dass die Sichtbarkeit von nicht „ganz großen“ Self-Publishern, die sich enorme Werbekampagnen leisten können (oder den anderen, die die Welt nicht vollspammen wollen) einfach zu gering ist.
Vielleicht auch einfach nur so gering wie bei kleinen Autoren in Verlagen, ich habe da keine Vergleiche…
Aber die Standard-Antwort, die viele an dieser Stelle wohl geben, dass man zu viel selbst organisieren und machen muss, sehe ich nicht als Problem. Durch meinen Buchblog/Rezensionsblog kenne ich wirklich sehr viele Verlagsautoren und sie alle müssen um Sichtbarkeit kämpfen, sollten sie nicht den Top-Titel der Verlagsvorschau geschrieben haben.
Der erste „Hype“ jedoch ist meiner Leser-Erfahrung nach bei einem Verlagsautor größer – aber ohne Selbsthilfe durch den Autor verschwindet dieser ebenso schnell wieder, wie er begonnen hat.
5. Was erscheint dir nützlich, um das Problem zu beheben?
Selfpublisher müssen als „Einheit“ erkannt werden und auch danach handeln – bei vielen ist immer noch das Rivalitätsdenken viel zu groß, als dass sie freiwillig die „Konkurrenz“ empfehlen würden. Doch nur so herrscht konstante Sichtbarkeit und Präsenz – Leser lesen nicht nur einen einzigen Autor und warten oft über ein halbes Jahr, bis dieser Autor erneut veröffentlicht und sie das nächste Buch lesen können.
Wenn die Vernetzung/Empfehlungsrate gegenseitig steigt und man gemeinsam kämpft anstelle gegeneinander, dann rücken wir als Einheit in ein weit besseres Licht.
6. Wieso tust du dir die Härten des Selbstverlegers freiwillig an? (Leserfrage)
Weil ich mir den Stress nicht antun will, dass jemand anderes für mich entscheidet. Ich schreibe WIRKLICH aus Spaß, wenn grad nichts rauswill, dann presse ich auch nichts raus. Wenn meine Kinder gerade viel Aufmerksamkeit brauchen, der Garten umsorgt werden will oder einfach etwas anderes dazwischen kommt: Ich habe nie dieses MUSS im Hintergrund. Das würde mir nicht gut tun. So kann ich machen, was ich will, setze mir eigene Termine (mit dem Trilogie-Finale „Tiefdunkle Nacht“ war ich über einen Monat vor meiner geplanten Veröffentlichung rundum fertig und konnte gelassen dem Drücken des „Veröffentlichen“-Buttons entgegensehen.
7. Wer sind deine ersten Testleser? Und warum dürfen gerade diese Leser deine Worte zuerst genießen?
Anfangs waren es Freunde, dann Blogger, von denen ich wusste, dass sie genau in dem Genre (Fantasy, Jugendbuch) große Erfahrung haben. Mittlerweile sind meine Stammbetaleser eine ehemaliger Nicht-Fantasy-Leserin, die ich bekehrt habe, und eine befreundete Autorin, deren Manuskripte, Leseproben und Co. ich dann gegenlese. Je nach Genre und „Auslastung“ meiner Bloggerkollegen gibt es auch darunter den ein oder anderen Betaleser, aber das ist meist recht kurzfristig.
Wichtig bei allen ist, dass sie konstruktive Kritik geben und nicht nur loben (auch wenn ich diese Zeilen am liebsten mag. Aber wer nicht?), denn so ist man gleich für die möglichen Reaktionen der ersten Leser „gewappnet“.
8. Hat dich schon einmal ein Treffen mit einem Fan zu einer Idee inspiriert? (Leserfrage)
Bisher leider nicht – ich kenne alle nur virtuell. Meine Ideen kommen eigentlich IMMER, wenn ich irgendwo rumsitze und zum Nichtstun verdammt bin. Ich mache eigentlich STÄNDIG irgendwas, also sind die Zeitfenster selten. Beispielsweise krankes Kind bekuscheln, übermüdetes Kind stundenlang versuchen in den Schlaf zu kraulen (bei Letzterem ist die Idee entstanden, an der ich aktuell arbeite).
9. Kommt es vor, dass Figuren etwas anderes tun oder sagen, als du geplant hast? (Leserfrage)
Immer! Entweder bin ich zu willensschwach oder … ich weiß auch nicht. Meine Charaktere lassen sich die ersten Kapitel noch lenken, die Vorstellung der einzelnen Personen und des Szenarios ungefähr, danach tun sie, was sie wollen. Meist finde ich das gut (weil ihre Ideen dann meinen Plänen immer noch das Sahnehäubchen aufsetzen), blöd finde ich nur, dass ich ab diesen Kapiteln meinen Grobentwurf neu schreiben darf.
Aber ich liebe beim Lesen die Überraschung. Es gibt für mich nichts Schrecklicheres als Vorhersehbarkeit. Und wenn mich meine Charaktere schon selbst überraschen konnten („Hallo, ich bin in Wahrheit gar nicht so, wie du mich geplant hast.“), werden sie das beim Leser hoffentlich auch schaffen.
10. Wie hat sich dein Alltag durch das Schreiben verändert?
Wie ich bereits gesagt habe, schreibe ich, wenn Zeit da ist. Die muss man sich durch Umorganisieren und durch Strukturieren freischaufeln, dennoch bleibt nichts liegen, das gemacht werden muss. Ich arbeite einfach effektiver.
Ach doch, ich gehe nicht mehr so oft einkaufen (virtuell oder in der Stadt), was so gesehen jedoch ein großer Vorteil ist.
11. Was machst du, wenn du nicht schreibst?
Ich arbeite, bin Mama, habe Kinderfesten beizuwohnen und Hausaufgaben zu beaufsichtigen, es gibt tonnenweise Wäsche zu waschen (und zu bügeln – das versuche ich stets zu verdrängen, bis der Stapel dem Turm von Pisa gleicht oder mein Göttergatte oben ohne zur Arbeit müsste) und dann natürlich lesen. Egal ob vorlesen oder für mich selbst, ich liebe es einfach und brauche es spätestens abends zum „runterkommen“. Daher blogge ich gemeinsam mit meinem Mann auch über das Thema Bücher.
12. Wie bist du zum Schreiben gekommen? Durch wen oder was?
Auslöser war ein Ägyptenurlaub und das Auslesen sämtlicher mitgebrachter Bücher. Daher war ich genötigt, vor mich hinzuträumen (siehe Punkt 8) und die Grundidee meines Debüts hat sich eingeschlichen. So habe ich noch vor Ort die ersten Kapitel getippt (die später alle der Löschtaste zum Opfer gefallen sind).
13. Was liebst du am Schreiben? Was magst du nicht so sehr?
Ich liebe es, aus den ersten wackeligen Schritten in neuem Umfeld das Baby zum Gehen und dann zum Fliegen zu bringen. Es gibt doch nichts Schöneres, als sich seine eigene Welt zu erschaffen (bzw. in meinem Fall einfach die Weltgeschichte auf MEINE Weise anzupassen), damit trotz vieler fantastischer Elemente selbst Fantasy-Hasser sagen: Das klingt doch schon plausibel.
Ich hasse überarbeiten. Ich weiß, dass danach etwas Besseres herauskommt, auch nach dem zehnten Durchgang und dem 234251365 Probelesen. Die Wahrheit aber ist: Es ist ätzend. Ich lese ein Buch eigentlich nie ein zweites Mal (wozu auch, ich kenne es ja schon?!), nur meine eigenen. Und es macht eigentlich nicht wirklich Spaß, wenn man die Sätze auswendig mitsprechen kann. Deshalb versuche ich, immer einen Monat oder zumindest zwei bis drei Wochen und viele anderen Bücher zwischen die Rereads zu legen (ohne Druck von Verlag und Co. kann man das 😉 )
14. Wie geht deine bessere Hälfte/Familie mit deinem „Schreibwahn“ um?
Ich schreibe in der Regel abends, wenn die Kinder im Bett und die bessere Hälfte am Lesen (oder aktuell Fußballgucken) ist, oder an meinen zwei freien Vormittagen, nachdem ich sämtliche Einkäufe und die Hausarbeit erledigt habe. Also fällt das der Familie eher weniger auf. Den Lesern unseres Blogs dafür umso mehr. Weil meine Schreibzeit und meine Lesezeit sind ein und dasselbe. Wenn ich schreibe, lese ich aber nicht und es gibt weit weniger Rezensionen als unter normalen Umständen. Ich versuche so gut es geht, die beiden Buchthemen in Waage zu halten.
15. Was liest du gern? Welches Genre? Gibt es einen speziellen Autor? (Leserfrage)
Ich lese eigentlich fast ausschließlich Urban Fantasy und Dystopien, bis auf wenige Ausnahmen auch nur aus dem Jugendbuchbereich. Ich liebe die Ideen von Kai Meyer, den Stil von Thomas Thiemeyer und mein aktuelles Lieblingsbuch ist Band 2 der Luna-Chroniken von Marissa Meyer (ich hab ein meyer-Déja-vu hoch 2 o.O).
Der meistvertretene Autor in meinem Regal ist P.C. Cast, denn allein die „House of Night“-Reihe umfasst ja doch schon einige Bände (11+Novellas) und dazu noch die „Mythica“-Reihe. Danach folgen wohl Charlaine Harris (Sookie Stackhouse/True Blood) und Julie Kagawa gemeinsam mit Cassandra Clare.
16. Wenn du als Autor ein Buch liest, machst du es hundertprozentig als Privatperson oder liest der Autor in dir? (Leserfrage)
Ich lese es als Leser (für den Blog), aber es mischt sich immer mal wieder das kleine Autorenstimmchen dazwischen und mault, dass die Struktur ja sowas von 08/15 ist und man quasi spürt, dass der Autor hier Punkte abgehakt hat oder seine Kapitel in perfekten drei Phasen gliedert.
Das Problem: Wenn mir das auffällt, ist das Buch meist zu langweilig. Denn bei einer spannenden oder actiongeladenen Geschichte, bei einem Szenario, das mir unentwegt Wendungen und Überraschungen liefert, hat das Autorenstimmchen keine Zeit, sondern sitzt mit offenem Mund auf meiner Schulter und fiebert mit.
Liebe Stefanie, wir danken dir für die Antworten und wünschen dir und auch allen anderen einen tollen Sommer.
17. Welches Buch hättest du gerne selber geschrieben?
Harry Potter – dann hätte ich einen eigenen Theme-Park 😀 Obwohl ich mir sicher bin, dass einige „Nachmacher“-Bücher durchaus an die Story herankommen, nur viele aus Nostalgie so etwas niemals eingestehen würden.
Auch „Die Tribute von Panem“ hätte ich gerne geschrieben. Denn an die Stimmung, die Suzanne Collins in den Büchern verbreitet, kam bisher bei mir kaum ein anderes Buch heran – vermutlich war kein einziges von so durchgehend beklemmender und hoffnungsloser Atmosphäre.
18. Welche Kritik hat dich am meisten gefreut oder geärgert?
Ich habe ein Feedback von einer Leserin auf Twitter erhalten, dass mein zweiter Band ihr bisheriges Lieblingsbuch (seit 20 Jahren) ersetzt hat. Wenn das nicht ein Grund für Freudentränen ist!
19. Was wird dein nächstes Projekt?
Aktuell arbeite ich (natürlich) wieder an einem Urban-Fantasy-Projekt und habe Nyx und Apollo kurzerhand einen Sohn angedichtet, dessen Nachkommen in der heutigen Zeit einiges an Unheil anrichten. Sie hätten sich aber besser nicht den Liebsten meiner Protagonistin geholt – denn sie ist gewillt, ihn zurückzuholen und mit allen Mitteln zu kämpfen.
20. Wo findet man dich im Internet?
Blog: https://stefaniehasse.blogspot.de/
Facebook: https://www.facebook.com/StefanieHasseAutorin
Twitter: https://twitter.com/ErbenDesMondes