Qindie-Challenge: Aufwach-Szenen

Und jetzt besteigt den Ring im eins, zwei Wiegeschritt … die Queen, der Krimis, die Magierin der Miniaturisierung, die Verfechterin verzwickter Verbrechen. Hier ist sie, die unvergleichliche Lady „Uppercut“ Aaaaaaaaandrea Martini!

 

Ein Kitzeln an seiner Nase weckte ihn auf. Reflexartig holte er aus, um die fiese Fliege zu verscheuchen, die es gewagt hatte, sich dort niederzulassen.

„Autsch! Bist du bekloppt?“, schallte es über ihm.

Vorsichtig öffnete er die Augen. So ganz war er noch nicht bei sich. Nachdem er das Präsidium verlassen hatte, war er, wie gewöhnlich, im Angler-Eck eingekehrt und hatte sich seine drei Gläser Bier genehmigt. Nachdem er die Portion Gulasch mit Rotkraut und Klößen vertilgt hatte, die Judith ihm in die Mikrowelle gestellt hatte, war er ins Bett gefallen und beinahe sofort eingeschlafen. Aber selbst in seinem augenblicklichen Dämmerzustand erkannte er, dass keine Fliege sich so lautstark gegen seinen Versuch wehren würde, sie zu vertreiben. Über ihm sah Judith ihn mit grimmigem Blick an. Den Gutenmorgenkuss konnte er sich nun wohl abschminken.

„Tut mir leid, Liebste, das habe ich nicht gewollt“, entschuldigte er sich, richtete sich auf, indem er sich auf einen Ellenbogen stützte, und strich der Angebeteten über die Wange. Sogleich hellte sich ihr Gesicht auf.

„Hast wohl geträumt, du rangelst mit einem deiner Delinquenten, was?“, gab sie lächelnd zurück.

„Ich stehe wohl gerade etwas unter Strom“, meinte er und legte sich ins Kissen zurück. Judith schlüpfte unter seine Decke, schmiegte sich an ihn und bettete ihren Kopf an seine Brust.

„Verstehe“, sagte sie. Mit einer Hand unter seiner Pyjamajacke begann sie, mit den Fingern auf seinen Bauch zu trommeln. „Aber ich habe da etwas, was dir vielleicht helfen könnte.“

Sofort war Aufderpalm hellwach. Er schob Judith von sich und setzte sich auf, sodass er ihr direkt in die Augen sehen konnte.

„Wirklich? Raus mit derSprache, spann mich nicht auf die Folter.“

„Schade, gerade, wo es hätte gemütlich werden können“, knurrte sie, zog ihr Kissen zu sich und stopfte es sich zwischen Arm und Kopf. „Sei’s drum. Deine Kollegen haben die Namensliste von den Tanzschülern an uns in der Nachtschicht weitergegeben. Ich hatte ein bisschen Zeit und mir die jüngsten Kurse vorgenommen. Dabei habe ich zu einem Namen in der Datenbank einen Treffer gelandet. Georg Wohlthat ist polizeibekannt, als Zeuge. Seine Frau Wernhilde ist vor drei Jahren unter merkwürdigen Umständen ums Leben gekommen. Man hat sie mit erheblichen Verletzungen, also Knochenbrüchen und Abschürfungen aller Art, aus dem Fluss gezogen. Ihr Mann galt zunächst als Verdächtiger. Aber dann tauchte ein Abschiedsbrief auf und mehrere Personen aus dem Bekanntenkreis der Wohlthats bestätigten, Wernhilde sei depressiv gewesen. Der Fall wurde als Selbstmord zu den Akten gelegt. Könnte dich das interessieren?“

„Und ob“, sagte Aufderpalm. Er hatte Judiths Ausführungen aufmerksam gelauscht. Der Name Wohlthat hatte eine Erinnerung in ihm wachgerufen, für die er einen Moment brauchte, um sie einzuordnen. Hatten nicht die beiden Männer, die er am gestrigen Abend zu Petra Wüllenwebers letztem Kurstag befragt hatte, eben diesen Namen genannt?

Mit einem Satz war er aus dem Bett. Er musste los. Diesem Hinweis musste er jetzt sofort nachgehen. Hoffentlich war Böser nicht wieder für einen Sondereinsatz eingeteilt.

Vor dem Bett stehend hielt er inne. Irgendetwas hatte er vergessen. Als erJudiths Blick bemerkte, der sich wiederum verfinsterte, wusste es, was es war.

Er kniete sich aufs Bett, beugte sich zu ihr und nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Du bist ein Schatz, Liebste. Tausend Dank. Was würde ich nur ohne dich machen?“

„Das frage ich mich auch manchmal“, gab Judith zurück. „Jetzt ab mit dir ins

Bad. Du stinkst.“

Andrea MartiniEins, zwei, Wiegeschritt!  – Kommissar Aufderpalm ermittelt

 

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9 Replies to “Qindie-Challenge: Aufwach-Szenen”

  1. Monja Freeman

    Oh ne, das wäre mir direkt nach dem Aufwachen zu heftig. Wie kann der gleich so aufnahmebereit sein. Ich hab direkt nach dem Aufwachen immer so nen Nebel im Hirn, der erstmal verscheucht werden will und dann geht das auch erst mit einer adäquaten Unterhaltung. Ich bewundere diesen Typ, das er keine Aufwachphase zu haben scheint, auch wenn er das sagt. Das er seine Freundin erst für eine Fliege hält, war lustig.

    1. Andrea Gunkler

      Danke für den Kommentar, Monja!
      Anhand dieser kurzen Szene mitten aus dem Text ist es naturgemäß kaum möglich, einen komplexen Charakter zu erfassen. Deshalb kurz dies zur Erklärung: Aufderpalm ist einer, der mit jeder Faser seines Körpers seinen Beruf lebt. Und wenn seine Frau Judith – ebenfalls Kriminalpolizistin – mit neuen Informationen von der Nachtschicht kommt, gibt es für ihn kein Halten, da springt er aus dem Bett und lässt seine Judith auch schon mal … aber lassen wir das 😉
      Freut mich, dass Dir das mit der Fliege gefallen hat.

  2. Sabine

    Der Mensch heißt Aufderpalm? Großartiger Name!

    Und dass er beinahe seine Liebste weggescheucht hätte wie ein lästiges Insekt – ja, gefällt mir auch.

    1. Andrea Gunkler

      Danke für die Rückmeldung, Sabine!
      Wenn Dir Aufderpalm bereits gefällt, solltest Du unbedingt auch noch seinen Kollegen Maik Böser kennenlernen – und vor allem den etwas snobistisch angehauchten Rechtsmediziner Dr. Udo Ybelaun 🙂

      1. Sabine

        Weißt du was? Ich denke, das werde ich. Wahrscheinlich gleich morgen. (Amazon, ich komme – insofern hat sich die Challenge schon gelohnt.)

        1. Sabine

          Übrigens habe ich mich dann doch für planet2share entschieden – finde ich eine großartige Idee.

  3. Ines

    Kommissar Aufderpalm??? Was für ein Name. 🙂 Auch die anderen Namen (außer Judith) ließen mich echt schmunzeln.
    Jaja, Polizist mit Leib und Seele – immer einsatzbereit. Dabei hatte Judith sich bestimmt einen romantischeren Morgen gewünscht, denke ich mir.
    Aber was weckt sie Aufderpalm auch mit einem Kitzeln und verrät ihm dann noch den neuesten Hinweis.
    Ich schlage übrigens auch immer wild um mich, wenn mich im Halbschlaf etwas kitzelt. Könnte ja eine Spinne sein, und die muss ganz schnell weggeschleudert werden.

    1. Andrea Gunkler

      Ganz genau, Ines 😉 Das gehört zu meinen schlimmsten Aufwach-Albträumen – die Spinne auf der Nase.
      Es wäre eine Überlegung wert, diese Situation mal einzubauen. Aufderpalm denkt, es seien Judiths Haare, schmunzelt mit geschlossenen Augen vor sich hin und suhlt sich schon in der Erwartung ihrer Berührung, als aus dem Kitzeln ein Krabbeln wird, das … Danke für diese großartige Inspiration!