Von Spargelrollen, Smartphoneverbot und umgefallenen Tannenbäumen: Weihnachten bei Lisa-Marie Reuter

Wir kehren nach Deutschland zurück und landen in Unterfranken. Wenn unsere heutige Gastgeberin uns von den Weihnachtsfeiern ihrer Kindheit erzählt, kann man fast froh sein, dass sie heute noch lebt und so schöne Bücher schreiben kann. Sie liebt offentsichtlich die Gefahr, denn sie verrät uns auch: Die ganze Familie feiert immer noch bei ihren Eltern.

1. Wo bist du aufgewachsen und wie habt ihr dort Weihnachten gefeiert?
Aufgewachsen bin ich im nördlichen Unterfranken, heute lebe ich ca. 100 km entfernt im südlichen Unterfranken. Als meine Schwester und ich noch klein waren, haben wir mit der Familie meistens bei unseren Großeltern gefeiert – ganz klassisch mit großem Christbaum (anfangs, glaube ich, sogar noch mit echten Kerzen drauf) und vermutlich weihnachtlichen Schlagern als musikalische Untermalung. Nach dem Weihnachtsessen hat sich mein Opa immer unter einem Vorwand vom Tisch entschuldigt und auf dem Rückweg in die Küche ganz zufällig entdeckt, dass das Christkind im Wohnzimmer Geschenke dagelassen hatte.
Als wir Kinder älter wurden, haben wir Heiligabend oft mit unseren Eltern zu Hause verbracht. Da lief dann der Rock-Sender im Radio (Weihnachtslieder mögen wir alle nicht besonders gern) und nach der Bescherung haben wir Risiko gespielt.

2. Gab es Rituale für den Heiligabend und den ersten und zweiten Weihnachtstag?
Ein festes Ritual bestand darin, am Abend des 23. Dezember (oder am 24. nachmittags? Das weiß ich tatsächlich nicht mehr, nur, dass es draußen immer schon dunkel war) den Christbaum aufzustellen und zu schmücken. Dazu gehörte dann auch, dass unsere Katzen in den folgenden Tagen ein paar der Kugeln wieder vom Ast holten und zerdepperten. Zwei Jahre in Folge fiel der Baum kurz vor der Bescherung komplett um – ohne Fremd- bzw. Katzeneinwirkung. Da hatten wir aber schon auf Plastikkugeln umgestellt, dadurch hielt sich der Schaden in Grenzen.

3. Was habt ihr gegessen? Hast du ein Rezept für uns?
An Heiligabend gab es viele Jahre in Folge Spargelröllchen. Total lecker, klingt aber gourmethafter, als es tatsächlich ist: Je zwei Stangen Spargel aus dem Glas werden mit ordentlich Remoulade in eine Scheibe Kochschinken eingerollt. Diesen Vorgang so lange wiederholen, bis genug Röllchen da sind, um alle Esser*innen satt zu bekommen. Dazu reiche man warmes Aufbackbaguette.

4. Welche Rolle spielten Geschichten oder die Weihnachtsgeschichte?
Vorgelesen wurde bei uns eigentlich nicht. Wir sehen uns aber bis heute immer wieder gern die Weihnachtsfolge von „Familie Heinz Becker“ im Fernsehen an. Der Gag mit der verschwundenen Christbaumspitze ist nach wie vor ein kleiner Insider-Witz in unserer Familie.

5. Welche Rituale hast du in dein Erwachsenenleben übernommen?
Das ist schwer zu sagen, da wir nach wie vor alle zu Hause bei unseren Eltern feiern und sich am bewährten Ablauf nicht viel geändert hat. Ein paar Rituale sind sogar weggefallen. Aus Baumschutzgründen stellen meine Eltern jetzt nur noch geschmückte Tannenwedel auf und das Essen vor der Bescherung fällt mit jedem Jahr etwas üppiger aus. Seit dem letzten Jahr bemühe ich mich aber darum, ein Stück des Ursprungszustands wiederherzustellen, indem ich vehement für ein selbstauferlegtes Smartphone-Verbot an Heiligabend eintrete.

6. Welche Bücher verschenkst du zu Weihnachten?
Dieses Jahr keine und auch sonst nur wenige. In unserer Familie bin ich diejenige, die bei jeder Gelegenheit Bücher geschenkt bekommt.

Wir wünschen dir ein tolles (umfallfreies) Weihnachtsfest, Lisa.

About Florian Tietgen

... trat 1959 als jüngerer Zwilling seinen Bruder auf die Welt, bevor der Arzt entsetzt rief: "Huch da kommt ja noch einer." Seitdem verstecke ich mich erfolgreich in unterschiedlichen Berufen und habe seit 2003 verschiedene Geschichten und Bücher veröffentlicht. Vorwiegend schreibe ich für Jugendliche und Gesellschaftsromane.