Wir fahren ganz kurz an die Wupper, drehen vielleicht eine Runde mit der Schwebebahn, schauen uns „Lola rennt“ an, der in Wuppertal spielt und erleben die Weihnachtstage aus der Kindheit von Regina Mengel, einer weiteren Attraktion dieser Stadt. Und dann geht es noch heute zurück ins Rheinland, genauer gesagt nach Stommeln, dort wo die Höhner Weihnachtslieder nur für ihre Familien singen und Regina heute lebt und schreibt (oder andersherum?). Und bei ihr hängt der Tannenbaum schon.
1. Wo bist du aufgewachsen und wie habt ihr dort Weihnachten gefeiert?
Ich stamme aus Wuppertal, also dem Bergischen Land. Bei uns bringt das Christkind die Geschenke, was wohl nicht in allen Regionen Deutschlands so üblich ist. Da habe ich zumindest kürzlich gelernt.
2. Gab es Rituale für den Heiligabend und den ersten und zweiten Weihnachtstag?
Selbstverständlich. Diverse, die teilweise wahrscheinlich einfach organisatorischer Natur waren, von uns Kindern aber als eine Art Tradition wahrgenommen wurden. Wie zum Beispiel die Besuche bei den Großeltern.
Bei uns wurde der Baum immer heimlich von den Eltern gekauft und wir Kinder bekamen ihn – auch ungeschmückt – nicht zu Gesicht. Erst am Heiligen Abend wurde der Baum offenbart, und zwar fertig geschmückt. Dafür waren nicht meine Eltern verantwortlich, sondern das Christkind. Nach dem Frühstück zogen sich meine Eltern ins Wohnzimmer zurück und sperrten hinter sich ab. Dort mussten sie dem Christkind helfen, den Baum aufzustellen und zu schmücken, die Geschenke einzupacken und zu dekorieren. Wir Kinder saßen derweil ungeduldig in der Küche, die Zeit verging zäh wie Kaugummi und wir konnten es vor lauter Spannung kaum aushalten. Da raschelte und knisterte es, hin und wieder tauchte mal unsere Mutter in der Küche auf, machte uns ein Brot zu Mittag oder sah einfach nach uns. Wir hofften derweil, einen Blick aufs Christkind erhaschen zu können. Aber immer wenn das Glöckchen ging und die Tür zum Wohnzimmer geöffnet wurde, war dieses verflixte Christkind schon von dannen. Wir konnten machen, was wir wollen, es war immer schon weg.
Als wir größer wurden, haben wir uns die Wartezeit mit Weihnachtsfilmen und Serien im Fernsehen vertrieben, und wir haben eine Gegenbescherung für unsere Eltern organisiert. Statt eines Glöckchens ließen wir den Anfang von Hells Bells von AC/DC laufen. Ich glaube, meine Eltern fanden dieses Glockengeläut nicht ganz so überzeugend, sie haben es aber freundlich lächelnd über sich ergehen lassen.
Als Kinder ging es dann zwischendurch irgendwann noch in die Kirche. Ich war im Flötenkreis und im Kinderchor unserer Kirchengemeinde, da wurde geblasen und gesungen, was das Zeug hielt. Ich weiß tatsächlich nicht mehr, ob die Kirche vor oder nach der Bescherung eingeschoben wurde. Egal, nach einem schnellen Abendessen ging es dann alljährlich zu den Großeltern mütterlicherseits, denn dort hatte das Christkind ebenfalls einen Haufen Geschenke abgegeben. Merkwürdigerweise oftmals mehr als bei uns zu Hause, was wohl an den unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten gelegen haben dürfte.
Am ersten oder zweiten Weihnachtstag stand dann noch die Oma väterlicherseits auf dem Programm und die anderen Großeltern schlugen dann auch noch mal bei uns auf.
3. Was habt ihr gegessen? Hast du ein Rezept für uns?
Bei uns zu Hause immer irgendwas Schnelles, was sich gut vorbereiten ließ, gern die obligatorischen Bockwürstchen mit Kartoffelsalat. Manchmal haben wir aber auch nur ausführlich Kaffeeklatsch gehalten und uns an den ersten Plätzchen sattgegessen. Bei Oma gab es dann immer selbst eingelegten Heringsstipp mit Pellkartoffeln, auch ein sehr traditionelles Weihnachtsgericht hier in der Gegend. Ob das heute noch so ist, weiß ich gar nicht, bei den Omas gab es das aber total oft, auch bei denen meiner Freunde.
4. Welche Rolle spielten Geschichten oder die Weihnachtsgeschichte?
Wir mussten/wollten immer Gedichte aufsagen, mindestens ein Weihnachtslied singen oder auf der Blockflöte etwas vorspielen. Die Weihnachtsgeschichte haben wir nicht gelesen, allerhöchstens mal eine Weihnachtsgeschichte, als wir älter wurden, irgendetwas Lustiges, was von Hand zu Hand weitergereicht wurde – damals gab es ja noch kein Internet, aus dem man so etwas runter hätte laden können. Die Gedichte kann ich teilweise heute noch auswendig, mit den Liedtexten hapert es inzwischen und das mit der Blockflöte würde zu Beschwerden aus der Nachbarschaft führen.
5. Welche Rituale hast du in dein Erwachsenenleben übernommen?
Lange Jahre konnte ich mich nicht damit anfreunden, den Weihnachtsbaum vor dem Heiligen Abend aufzustellen. Aber wie das so ist, in Partnerschaften geht man Kompromisse ein oder man lässt sich auf die Lebensgewohnheiten des geliebten Menschen ein. So habe ich mich inzwischen daran gewöhnt, meinen Weihnachtsbaum ein bis zwei Wochen vor Weihnachten aufzustellen. Wobei wir seit einigen Jahren sowieso einen sehr speziellen Weihnachtsbaum haben, der nicht aufgestellt, sondern aufgehängt wird. Unser 2 ½ dimensionale Weihnachtsbaum nadelt nicht und ist jedes Jahr aufs neue schön und witzig, nur duftet er leider nicht.
Bei uns ist es immer noch das Christkind, das die Geschenke bringt und auch wenn vielerorts der Weihnachtsmann auf dem Vormarsch ist, gefällt mir das nicht wirklich. Den Nikolaus als Geschenkebringer lasse ich mir gerade noch gefallen, aber bei Santa Claus werde ich ungehalten.
6. Welche Bücher verschenkst du zu Weihnachten?
Gar nicht mal so viele. Das liegt daran, dass wir uns untereinander in der kompletten Familie nichts mehr schenken, außer Zeit und Liebe, und ich hauptsächlich eine Handvoll Freunde mit ein paar Kleinigkeiten bedenke. Da die zu beschenkenden Freunde hier teilweise mitlesen, verrate ich jetzt nicht, ob und welche Bücher es werden.
Wir wünschen dir ein wundervolles Weihnachtsfest, Regina