Zum Umgang mit meinen Daten oder wie ich mich von einem Verlag missbraucht fühle …

Ich bin ordentlich. Ich speichere meine Korrespondenz so ab, dass ich sie wiederfinde. Schön, wenn auch meine Geschäftspartner ordentlich sind. Allerdings verstehe ich die gerade erlebte Art der Ordnung als Missbrauch meiner Daten und so ganz nebenbei fühle ich mich auch ein wenig vera…, was den Punkt Wertschätzung angeht. Aber von vorn:

IMG_0448April 2013: Mich erreicht folgende Eingangsbestätigung:

Sehr geehrte Frau Mengel,

vielen Dank für die Einreichung Ihres Exposés. Wir werden Ihr Angebot hinsichtlich einer Übernahme in unser Verlagsprogramm prüfen und uns bei Interesse bei Ihnen melden. Sollte Ihr Projekt nicht für unser Programm in Frage kommen, haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir bei der Flut der täglich unverlangt eingehenden Manuskriptangebote Ihnen nicht eigens bei Ablehnung Bescheid geben und Ihre eingereichten Unterlagen auch nicht zurückschicken können.

Darüber hinaus bitten wir auch um Verständnis, dass wir aus diesem Grund schriftliche oder telefonische Nachfragen grundsätzlich nicht beantworten.

Sollten Sie innerhalb der nächsten drei Monate keine weitere Nachricht von uns erhalten, gehen Sie bitte davon aus, dass wir Ihr Projekt nicht realisieren werden.

Wir danken Ihnen für das uns entgegengebrachte Vertrauen und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

Soweit so gut. Natürlich habe ich nie wieder etwas gehört, so wie es sicherlich bei den meisten Einsendungen der Fall sein wird. Okay, schade, aber nicht tragisch. Die Wände wollte ich sowieso nicht mit Absagen tapezieren und wenn sie mein Buch nicht wollen, kein Thema, dann mach’ ich es eben allein. Schließlich bin ich ja eine erfahrene Selfpublisherin. Aber lesen wir die Mail oben doch noch einmal etwas genauer.

nicht eigens bei Ablehnung Bescheid geben … können.

Verstehe ich, wenn so viel reinkommt, dann muss der Haufen ja irgendwie abgearbeitet werden. Gut, wenn man vernünftige Tools hätte, wäre es ein Klick, einmal die Woche die Absagen mit dem üblichen Standardtext rauszuschicken, das funktioniert ja schon mit einer einfachen Excel-Datei und der Serienmailfunktion von Outlook, aber ich bin natürlich kein Verlag. Wahrscheinlich kann man ja auch nicht verlangen, dass so ein Verlag eigens Datenbanken anlegt, in denen sie die AutorInnen speichern, die ihnen irgendwann einmal ein Manuskript angetragen haben.

schriftliche oder telefonische Nachfragen grundsätzlich nicht beantworten.

Klingt für mich nach: Melde dich nicht bei uns – wir melden uns bei dir, wenn wir interessiert sind. Ansonsten hören wir uns nie wieder.

Wir danken Ihnen für das uns entgegengebrachte Vertrauen

Ja, Vertrauen, das ist wohl so eine Sache. Natürlich vertraue ich darauf, dass man mit meinen Kontaktdaten entsprechend sorgsam umgeht und diese löscht, wenn das Buch für eine Veröffentlichung nicht in Frage kommt, oder höflich nachfragt, ob man die Daten für spätere Kontaktaufnahmen archivieren darf. So machen das seriöse Unternehmen, wenn sich jemand bei ihnen um einen Job bewirbt. Ich denke, man kann ein ähnliches Verhalten für die Bewerbung um einen Buchvertrag voraussetzen.

Aber kann man das wirklich? Schauen wir mal wie es weitergeht.

November 2015: Mich erreicht folgende E-Mail:

lesende frauSehr geehrte Frau Mengel,

vor einiger Zeit haben Sie uns freundlicherweise Ihr Manuskript/Exposé zur Prüfung überlassen. Wir möchten uns noch einmal für die Einsendung Ihres Werkes und die damit verbundene Wertschätzung unseres Verlagshauses bedanken. Leider haben wir zum Zeitpunkt der Einsendung keine Möglichkeit gesehen, Ihren Text in unser Verlagsprogramm aufzunehmen.

Daher möchten wir Sie heute auf ein neues Angebot aufmerksam machen, um Ihren Text einer breiteren Leserschaft zugänglich zu machen: TWENTYSIX – Der Self-Publishing-Verlag, eine Kooperation der Verlagsgruppe Random House und BoD – Books on Demand. Bei TWENTYSIX können Sie in eigener Regie Ihr Manuskript mit größtmöglicher Gestaltungsfreiheit als E-Book und/oder gedrucktes Buch veröffentlichen. Ihr Werk wird über alle gängigen E-Book-Plattformen / Online-Shops vertrieben und ist über den stationären Buchhandel bestellbar.

Informieren Sie sich selbst auf www.twentysix.de.

Sollten Sie Ihr Werk bereits auf anderem Wege veröffentlicht haben, betrachten Sie diese E-Mail bitte als gegenstandslos. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihr Projekt und freuen uns, wenn TWENTYSIX für Sie eine interessante Möglichkeit ist, Ihr Publikum zu erreichen.

Ihr

Lektorat der Verlagsgruppe Random House

Lassen wir mal den Punkt ‚unrealistische Konditionen’ außer Acht, und auch die Frage, warum sich dieses Angebot ‚Self-Publishing-Verlag’ nennt, wo es doch kein Verlag, sondern ein Dienstleister ist und sich die beiden Begriffe Selfpublishing und Verlag gegenseitig ausschließen, denn entweder veröffentliche ich bei einem Verlag oder ich publiziere selbst. Aber Sprache auch mal zu reflektieren und auf ihre korrekte Anwendung zu prüfen, scheint in letzter Zeit selbst für Verlage aus der Mode zu kommen.

Widmen wir uns vielmehr mal der Frage, wieso mir Random House eigentlich keine Absage schicken konnte, aber munter meine Daten archiviert, ohne mich darüber zu informieren, um mir dann bei passender Gelegenheit ein Angebot zu unterbreiten, dass ich zum Glück ablehnen kann.

Immerhin reichen sie ja in der obigen Mail quasi die Absage nach.

Leider haben wir zum Zeitpunkt der Einsendung keine Möglichkeit gesehen, Ihren Text in unser Verlagsprogramm aufzunehmen.

Ein Halbsatz, der mir besonders gut gefällt ist jener:

… die damit verbundene Wertschätzung unseres Verlagshauses bedanken.

Nur schade, dass man den AutorInnen nicht die gleiche Wertschätzung entgegen bringt. Außerdem stellt sich mir noch eine andere Frage: Dürfen die das? Ich habe da mal recherchiert.

Auf der Seite der Verbraucherzentrale steht dazu Folgendes:

Dürfen Unternehmen Daten von Verbrauchern zu Werbezwecken nutzen oder weitergeben?

Beabsichtigt ein Unternehmen oder eine Organisation, Kundendaten nicht nur für den vereinbarten Zweck (zum Beispiel zur Vertragsabwicklung) zu nutzen, sondern beispielsweise auch für Werbung, so muss es gemäß Bundesdatenschutzgesetz bereits bei Erhebung der Daten darauf hinweisen und den Verbraucher über mögliche Empfänger der Daten unterrichten. Das gilt auch, wenn Unternehmen gezielt durch Verlosungen, Preisausschreiben, Haushaltsbefragungen oder bei Informationsveranstaltungen Daten erheben, um sie anschließend für Werbezwecke zu verwenden oder zu veräußern.

Stellt sich die Frage: Ist die Verbindung zwischen AutorIn und Verlag so, dass Autoren sich als Verbraucher sehen müssen? Zunächst mal in der Situation, in der Autoren ihre Bücher anbieten, würde ich sagen Nein, das ist nicht die Rolle eines Verbrauchers. Aber wie steht es, wenn man mir als Kunde/Verbraucher eine Dienstleistung anbietet. Ich denke, es ist durchaus im Sinne des Gesetzes, wenn ich Autoren in dieser Konstellation als Verbraucher ansehe.

So, zurück zum Anfang. Nein, ich fühle mich nicht wertgeschätzt, ich fühle mich auch nicht korrekt behandelt, weder als Geschäftspartner noch als Kunde/Verbraucher. Im Gegenteil, ich fühle mich missbraucht. Und ich fühle mich verarscht.

Klar, man kann jetzt sagen: Na ja, das ist ein bisschen gedankenlos, aber so schlimm ist das doch alles nicht. Da hat halt jemand nicht nachgedacht.

Ja, kann man sagen. Muss man aber nicht. Oder ist es zuviel verlangt, dass ich von einem Unternehmen (das obendrein an mir verdienen will), eine gewisse Grundsorgfalt erwarte? Ist es zuviel verlangt, wenigstens eine Absage zu bekommen, wenn man schon meine Daten archiviert und obendrein nicht einmal darauf hinweist?

Verdammt noch mal! Ich bin gar nicht so anspruchsvoll. Verantwortlich und überlegt zu handeln, kann doch nicht so schwierig sein.

Auch und gerade für eine große Verlagsgruppe wie Random House!

Regina Mengel

 

9 Replies to “Zum Umgang mit meinen Daten oder wie ich mich von einem Verlag missbraucht fühle …”

  1. Ingrid Spangenberg

    Hallo, ich habe dein Schreiben hier mit Interesse gelesen. Nicht nur in deinen Bereichen wird gedankenlos und wenig sorgfältig mit Dingen umgegangen. Auch ich habe mich schon oft über diese Gedankenlosigkeiten geärgert.

    Meinem Sohn habe ich das Schreiben hier auf FB geteilt. Er ist Illustrator und hatte auch schon oft seine Schwierigkeiten damit, wie man mit seinen Zeichnungen umgeht. Liebe Grüße Ingrid Spangenberg

  2. Detlev Crusius

    Briefwechsel wie oben hat wohl jeder erlebt, der vor sagen wir mal 6 und mehr Jahren beschlossen hat, sein Glück als Autor zu versuchen.

    Sollte sich irgendwann einmal der Buchmarkt so geändert haben, dass ich mich für eine Veröffentlichung an einen Verlag wenden müsste, würde ich es vorziehen, meine sämtlichen Manuskripte, fertig, halbfertig und angefangen, in den Ofen zu stecken und zu verbrennen.

    Das tue ich mir freiwillig nicht noch einmal an!

    Gruß
    Detlev

    1. Jenny

      Lieber Detlev,
      hier gehts nicht darum, dass man eine Absage erhalten hat, hier geht es darum, dass ein Verlag ungefragt Daten speichert!!

      lg Jenny

      1. Detlev Crusius

        Das weiß ich, Jenny. Die ungefragte Datenspeicherung ergänzt die Absage. Es ist die grundsätzliche Haltung vieler Verlage ihren Autoren gegenüber.
        Gruß Detlev

  3. Sebastian Albrecht

    Schon einmal darüber nachgedacht, dass da auf Verlagsseite auch nur Menschen sitzen, die ihren Job machen? Mag sein, dass für IhnenFrau Mengel das Angebot von twentysix.de als pure Werbung erscheint. Klar, Sie wissen bescheid, Self-Publishing unter der Federführung eines international agierenden Medienunternehmens, das ist natürlich böse. Aber es gibt auch eine vielzahl von Hobby-Autoren, die vielleicht nicht die Zeit haben, sich mit dem ganzen Verlagsgeschäft auseinander zu setzen, aber doch Interesse am Veröffentlichen haben. Für die kann das Angebot von twentysix.de mehr Information denn Werbung sein. Und jetzt mal unter uns: Sie schicken einem Verlag Ihr Manuskript, Sie schicken denen einiges von Ihrem Innersten und beschweren sich später über die aus Ihrer Sicht unangemessenen Zeit der Datenspeicherung? Wie Sie schon sagen: Kann man machen, muss man nicht

    1. Regina Mengel

      ?? Ich weiß ja nicht, wovon Sie sprechen, aber ich spreche von seriösem Geschäftsgebahren. Werbung ist Werbung, ob sie für einzelne nützlich ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Es geht auch nicht um Werbung generell, sondern um das Verwenden meiner Daten für Werbung. Da gibt es ganz klare gesetzliche Vorgaben und diese wurden hier nicht eingehalten. Da ist es völlig gleichgültig, ob ich Profi- oder Hobbyautor bin. Niemand ist berechtigt, einfach meine Daten zu speichern ohne meine vorherige Zustimmung. Nicht mehr und nicht weniger.

      Zu Ihrer zweiten Einlassung, ich hätte dem Verlag einiges von meinem Inneren geschickt. Dessen wäre ich mir nicht bewusst. Ich habe dem Verlag ein Manuskript angeboten, das hat mit meinem Inneren nichts zu tun. Ich schreibe nicht biografisch sondern Belletristik. Und dass ich bei einem Manuskriptangebot meine Kontaktdaten angebe ist ja wohl selbstverständlich. Wieso ich mich über eine unlautere Verwendung derselben nun nicht beklagen dürfte, leuchtet mir aufgrund ihrer Argumentation nun tatsächlich nicht im Geringsten ein.

  4. Felix Kapraun

    Hallo,
    das Thema Datenschutz wird bei uns auf der Arbeit gerade Groß geschrieben und ich kämpfe mich aktuell dadurch.
    Prinzipiel gilt das man nur das Speichern soll was man auch braucht. „Soviel wie Nötig aber sowenig wie möglich“
    Vondaher hätte man Meiner Meinung nach deine Daten löschen müssen. Die Speicherung ist nur zulässig wenn es eine Sinnig Begründung dafür gibt(Meist rechtliche Sachen)

    Grüße
    Felix K.