Von Insekten, Erotik und Bonobo-Affen: Divina Michaelis im Qinterview

Qinterview 3Schon zu Beginn des Monats kam unser diesjähriges Halloweenspecial ›Dunkle Seelen‹. Damit er zustande kommt, hat sie die Autoren charmant genervt, an Abgabetermine erinnert, sie angemahnt, und dafür gesorgt, dass alle und alles pünktlich fertig werden. Mit Erfolg. Und ganz nebenbei konnte sie sich auch noch um die eigenen Bücher kümmern, ein zweibändiges erotisches Science-Fiction-Epos schreiben, auf dessen Erscheinen wir schon warten und ein Buch mit bizarren erotischen Gruselgeschichten, das auch sehr gut zu Halloween passt und das wir schon kaufen können. Und trotz dieser vielen Beschäftigungen hat Divina Michaelis uns ein paar Fragen beantwortet.

1.    Wer bist du und was machst du in puncto Self-Publishing?
Tja, wer bin ich? Gibt es Menschen, die das genau beantworten können? Vom Namen her nennt mich Divina – oder Frau Michaelis, wenn ihr mich nicht duzen mögt. In Puncto Self-Publishing bin ich als Autorin überwiegend erotischer Geschichten unterwegs.

2.    Was hat dich dazu bewogen, deine Bücher selbst zu veröffentlichen?
Die Frage sollte weniger lauten was, sondern eher wer. Denn eigentlich hatte ich ursprünglich nur mit dem Schreiben angefangen, damit ich meine Fantasien nicht irgendwann einmal selbst vergesse. Nur auf Bitten einer Chatbekanntschaft habe ich überhaupt damit begonnen, die Bücher auf Bookrix zu veröffentlichen. Durch die große Resonanz erhielt ich dann allerdings den Anreiz, auch weiterzuschreiben und das Geschriebene unter die Leute zu bringen.

3.    Wie sind deine bisherigen Erfahrungen mit Self-Publishing?
Aus der Sicht des Autors finde ich Self-Publishing eine tolle Sache, denn es ist sehr einfach, seine Fantasien auch anderen verfügbar zu machen. Gegenüber einer Verlagsveröffentlichung gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile. Der Nachteil ist sicherlich, dass man alles selber machen und organisieren muss, was ansonsten der Verlag übernimmt. Als Vorteil sehe ich, dass ich sehr frei schalten und walten und auch gemischte Genres an den Leser bringen kann. Mein letztes veröffentlichtes Buch ist eine Mischung aus Erotik und Horror, mein nächstes wird eine Mischung aus Science-Fiction und Erotik sein. Man findet für so etwas zwar Leser, aber sicherlich keinen vernünftigen Verlag.

4.    Was findest du beim Self-Publishing problematisch?
Der Vorteil, den ich beim Self-Publishing sehe, kann auch ein Nachteil sein, denn wirklich jeder kann heutzutage seine Fantasien veröffentlichen. Das führt oft zu unkontrollierbarem Wildwuchs. Viele Leser sind von dem, was ihnen teilweise zugemutet wird, dermaßen genervt, dass sie von Self-Publisher nichts mehr lesen wollen. Und ich kann sie wirklich verstehen, denn auch ich bin Vielleser und hab mich schon durch Grottiges gekämpft.

5.    Was erscheint dir nützlich, um das Problem zu beheben?
Neben Qindie? Sich viel in Foren und sozialen Netzwerken einbringen und die potenziellen Leser davon überzeugen, dass man zu den Autoren gehört, die trotz Verlagslosigkeit ihren Büchern eine Behandlung zukommen lassen, dass sie sich hinter denen eines Verlages nicht zu verstecken brauchen. Außerdem versuche ich die anderen Autoren davon überzeugen, dass sie, wenn sie keine Ahnung haben, sich helfen lassen müssen, bevor sie ihre Texte verkaufen. Niemand kauft einen Apfel mit faulen Stellen, wenn er einen Apfel bekommen kann, der fast ohne Makel ist. Und die veröffentlichen ja, um zu verkaufen.

6.    Wieso tust du dir die Härten des Selbstverlegers freiwillig an? (Leserfrage)
Hm … Ich wurde mal von einer Verlagsmitarbeiterin gebeten, einen meiner Romane an ihren Verlag zu senden. Der Verlag wollte meinen Roman veröffentlichen, ich hätte auch einen Vorschuss bekommen, aber die weiteren Bedingungen gefielen mir nicht. Das Buch hätte einen neuen Titel bekommen (Mainstream natürlich), sollte in zwei Bände geteilt werden (obwohl in meinen Augen dazu kein Bedarf bestand) und auch das Cover wäre Mainstream geworden. Gerade mit den Mainstreamdingen bin ich allerdings nicht einverstanden, denn einerseits werden solche Bücher dann fast nur von Frauen gelesen – und durch die bisherige Resonanz weiß ich, dass auch Männer meine Romane sehr gerne lesen, andererseits geben sowohl Cover als auch Titel ein verfälschtes Bild vom Inhalt des Buches wieder.
Ich bin eigentlich nicht grundsätzlich gegen Veränderungen eingestellt und ich habe es mir auch nicht leicht gemacht, den Vertrag abzulehnen, aber letztendlich bereue ich meine Entscheidung nicht. Dieses Buch ist mit dem von mir gewählten Titel und auch ohne Mainstreamcover dasjenige meiner Bücher, das bisher am meisten gekauft wurde.

7.    Wer sind deine ersten Testleser? Und warum dürfen gerade diese Leser deine Worte zuerst genießen?
Mein erster Testleser ist mein Mann. Der ist am schnellsten erreichbar und meckert ebenso schnell mit mir herum, wenn ihm etwas an dem Buch nicht passt. Danach habe ich mehrere Autorenkollegen, die ich schon länger kenne und die auch kein Blatt vor den Mund nehmen. Ich habe also am liebsten Testleser, die meinen Text kritisieren, damit ich ihn besser machen kann, bevor er unter die Leute geht.

8.    Hat dich schon einmal ein Treffen mit einem Fan zu einer Idee inspiriert? (Leserfrage)
Ich habe mal mit einem anderen Autor einen Roman geschrieben – und der war auch Fan meiner Bücher. Beim Schreiben haben wir uns dann gegenseitig inspiriert, aber getroffen habe ich ihn nie. Ansonsten kann ich die Frage wohl verneinen.
Meine Leser sprechen mit mir lieber über bereits vorhandene Bücher als über das, was sein könnte. Meine Ideen kommen aus dem Alltag oder dem, was ich lese und höre. Wenn es etwas seelisch zu verarbeiten gibt, bringe ich das ebenso in eine Geschichte ein wie ein Stichwort, das irgendwo gefallen ist und das ich dann in einer meiner Geschichten verwurste.

9.    Kommt es vor, dass Figuren etwas Anderes tun oder sagen, als du geplant hast? (Leserfrage)
Definitiv. Ja! Meine Pläne gehen, was meine Storys* betrifft, oft nicht besonders weit voraus, aber meine Figuren agieren irgendwann ziemlich selbstständig. Und wenn ich dann versuche, ihnen meinen Willen aufzuzwingen, weil es eigentlich in eine andere Richtung gehen sollte, wirkt es nicht mehr authentisch. Das endet dann damit, dass ich mit der Szene nicht zufrieden bin und sie komplett umschreibe, bis sie passt. Im Geiste sehe ich dann meine Figur mit überkreuzten Armen vor mir stehen und sagen: „Siehst du, du hättest es einfacher haben können, aber du wolltest es ja nicht anders.“
*Man möge mir nachsehen, dass ich Storys und nicht Stories geschrieben habe. Die neue deutsche Rechtschreibung will es so.

10.    Wie hat sich dein Alltag durch das Schreiben verändert?
Ich wache morgens oft wie gerädert auf, weil ich nachts mal wieder kein Ende gefunden habe. Da ich aber trotzdem immer um die gleiche Uhrzeit aufstehe, kommt es schon mal vor, dass ich dann nur drei Stunden Schlaf hatte. Aber schlafen wird eh überbewertet.
Außerdem kann es vorkommen, dass ich furchtbar hibbelig werde, wenn ich gerade wieder eine Idee hatte und ich dann nur noch an den PC will, um sie niederzuschreiben, aber nicht kann, weil ich etwas Anderes tun muss. Deswegen kann ich im Übrigen auch nicht schlafen gehen, bevor ich nicht alles niedergeschrieben habe, was mir im Kopf herumspukt.

11.    Was machst du, wenn du nicht schreibst?
Anderen Blödsinn. Neben Haushalt und Familie habe ich noch eine Menge Hobbys. Ich fotografiere gerne (Insekten), nähe Klamotten, graviere Gläser, baue aus Holz Schubladen oder Schmuckständer, häkele Perlenketten, stricke, male … ich nutze halt alles, was mir unter die Finger kommt. Und natürlich setze ich mich sehr gerne ab und zu hin und lese ganz in Ruhe ein Buch. Leider hat ein Tag nur 24 Stunden, sonst könnte ich noch viel mehr machen.

12.    Wie bist du zum Schreiben gekommen? Durch wen oder was?
Schon lange bevor ich mit dem Schreiben angefangen habe, geisterte eine Geschichte in meinem Hirn herum. Da meine Erziehung sehr prüde war, hinderte mich allerdings immer der Gedanke, dass man über so etwas nicht schreibt, daran, dieser Geschichte auch Substanz zu geben. Erst mit 35 Jahren hatte mich so etwas wie eine Scheißegal-Haltung ereilt, denn ich dachte mir, dass es zu schade um die Fantasie wäre, wenn ich sie selbst irgendwann vergessen würde. Also begann ich sie aufzuschreiben. So ist in fünf Jahren mein erster, über 600 Seiten starker Roman entstanden. Da er etliche Kinderkrankheiten aufweist, gibt es den nicht zu kaufen. Aber falls jemand Lust hat – auf Bookrix kann man ihn kostenlos lesen.

13.    Was liebst du am Schreiben? Was magst du nicht so sehr?
Ich liebe am Schreiben, dass ich im Prinzip alles loswerden kann, was mich gerade beschäftigt. Wenn ich etwas nicht für meinen aktuellen Roman gebrauchen kann, dann verarbeite ich das in einer Kurzgeschichte (die dann auch mal jugendfrei und kostenlos sein kann).
Mein Problem beim Schreiben ist, dass meine Charaktere dazu neigen, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Manchmal sind die Verwicklungen dermaßen übel, dass ich mich selbst frage, wie die da je wieder rauskommen wollen. Doch wie auch im normalen Leben, muss eine Lösung gefunden werden. Da kann es dann schon mal passieren, dass ich mehrere Kapitel lang grüble, sich die Lage immer mehr zuspitzt und ich eigentlich gar keine Lust mehr habe, weiterzuschreiben. Aber da ich meine Figuren auch nicht im Stich lassen kann, mache ich weiter, es wird schlimmer – bis mich irgendwann die Erleuchtung ereilt. Gruselig, so etwas.

14.    Wie geht deine bessere Hälfte/Familie mit deinem „Schreibwahn“ um?
Meine Kinder akzeptieren das zwangsläufig. Mittlerweile sind sie auch schon groß und schämen sich nicht mehr zuzugeben, dass ich Erotik schreibe. Mein Mann ist derjenige, der auf den Stuhl vor dem PC zeigt und bestimmt, dass ich endlich weiterschreiben soll, weil er wissen will, wie es weitergeht. Na ja, und nach anfänglicher Skepsis meiner Eltern finden die es mittlerweile auch nicht mehr so schlimm, dass ich mir ausgerechnet dieses Genre ausgesucht habe.

15.    Was liest du gern? Welches Genre? Gibt es einen speziellen Autor? (Leserfrage)
Fantasy, Thriller, Chick-Lit, Erotik … alles, was nur halbwegs interessant klingt und dann ist es abhängig von meiner Laune. Meine Lieblingsautorin ist im Moment Kresley Cole, aber ich finde auch John Grisham, Marion Zimmer Bradley und Diana Gabaldon toll. Und das sind nur die Verlagsautoren. Unter den Selfpublishern finden sich mittlerweile auch viele, die ich gerne lese. So habe ich bereits einige Bücher von Susanne Gerdom und Regina Mengel auf meinem Reader, lese aber auch gerne Bücher einer mir bekannten Autorin namens Sophie André.

16.    Wenn du als Autor ein Buch liest, machst du es hundertprozentig als Privatperson oder liest der Autor in dir? (Leserfrage)
Ich lese ein Buch als Leser. Niemals würde ich ein Buch lesen und sagen, das hätte ich so oder so geschrieben. ABER: Ich sehe auch als Leser Fehler und ärgere mich darüber. Und die Fehler sehe ich natürlich umso mehr, je mehr ich mich mit der Schriftstellerei beschäftige und mitbekomme, was man alles falsch machen kann. Witzig ist allerdings, dass ich viele Fehler, die bei Indie-Autoren oft angemerkt werden, auch in Verlagsbüchern finde, wo ich mich dann frage, ob die neuerdings auch Hobbylektoren beschäftigen?

17.    Welches Buch hättest du gerne selber geschrieben?
Meine – und die habe ich auch selber geschrieben. Jeder Autor hat seine eigene Fantasie und das ist gut so. Ich bin weder auf Ideen neidisch noch auf Erfolg.

18.    Welche Kritik hat dich am meisten gefreut oder geärgert?
Am meisten ärgert es mich, wenn ein Leser zu meinen Büchern greift, auf denen deutlich „Erotik“ steht, und sich dann hinterher beschwert, wenn es meine Figuren (zugegeben recht häufig und ausführlich beschrieben) miteinander treiben. Meine Bücher sind definitiv nichts für prüde Leute und ich mache da auch keinen Hehl draus.
Am meisten gebracht hat mir die Kritik einer Lektorin, die mich auf die ganzen Kinderkrankheiten aufmerksam gemacht hat, unter denen mein zweiter Roman am Anfang noch litt.
Und am meisten freuen mich Rezensionen, wenn ein Leser schreibt, dass er eigentlich in Etappen lesen wollte, aber mein Buch nicht aus der Hand legen konnte.

19.    Was wird dein nächstes Projekt?
Mein nächstes Projekt ist bereits seit fast 500 Seiten in Arbeit. Aufgrund der Länge wird es aber in zwei Bänden erscheinen. Es handelt sich um einen erotischen Science-Fiction mit den Titeln „Homo Serpentes – Verbotene Welt“ und „Homo Serpentes – Verlockende Gefahr“: Eine Wissenschaftlerin, die zehn Jahre auf einer Station im Orbit des Planeten Hereia gelebt hat, muss nun auf der Oberfläche notlanden. Die einzigen, die ihr helfen können zu überleben, sind eine nackt lebende humanoide Spezies mit Schlangenhaut, die in ihrem Sozialgefüge ähnlich wie die Bonobo-Affen leben. Es kommt natürlich zu enormen Konflikten, die die Wissenschaftlerin fast mit ihrem Leben bezahlt.
Die Idee für einen weiteren Roman habe ich auch schon im Kopf, aber ich muss erst einmal diesen beenden. Das kann also noch dauern.

20.    Wo findet man dich im Internet?
Auf jeden Fall auf Facebook unter meinem Namen, im Qindie-Forum, auf Büchertreff.de und im Forum von lesen.net. Eine eigene Webseite habe ich nicht, da die Anbieterkennzeichnung für meinen Geschmack zu viele Details enthalten muss, die ich nicht gerne preisgebe. Aber das muss auch nicht sein, zu erreichen bin ich schließlich auch so.

Vielen Dank für die Antworten, Divina

 

About Florian Tietgen

... trat 1959 als jüngerer Zwilling seinen Bruder auf die Welt, bevor der Arzt entsetzt rief: "Huch da kommt ja noch einer." Seitdem verstecke ich mich erfolgreich in unterschiedlichen Berufen und habe seit 2003 verschiedene Geschichten und Bücher veröffentlicht. Vorwiegend schreibe ich für Jugendliche und Gesellschaftsromane.