Von später Geburt, Monstershows und Buchmesse: David Pawn im Qinterview

Qinterview 3Wenn Qindie sich im März zum ersten Mal bei der Leipziger Buchmesse präsentiert, haben wir das auch seiner hartnäckigen Organisation zu verdanken.
Er hat die Bedingungen erfragt, den Stand gebucht und unsere vielen Nachfragen an die Messeleitung weitergeben.
Nebenbei hat er auch noch geschrieben und mit „Pekunaria“ ein weiteres Buch veröffentlicht.

David Pawn1.    Wer bist du und was machst du in puncto Self-Publishing?
Ich halte mich selbst für einen ziemlich durchschnittlichen Typen, der sich einfach gern Ge-schichten ausdenkt und diese zu Papier bzw. Festplatte bringt. Für mich ist das Schreiben ein Hobby, das ich als Ausgleich zu meiner normalen Arbeit nutze. Als ich vor knapp zwei Jahren mehr zufällig auf die Möglichkeit des Self-Publishing stieß, erschien es mir als eine Chance auszuprobieren, wie gut meine Texte wirklich sind. Inzwischen habe ich einiges gelernt, Lob geerntet, Tadel eingesteckt und wage es nun tatsächlich, mich als Autor zu bezeichnen.
2.    Was hat dich dazu bewogen, deine Bücher selbst zu veröffentlichen?
Als ich vor fünfundzwanzig Jahren meine ersten Geschichten bei Verlagen an den Mann bringen wollte, erntete ich nur Absagen. Das war ziemlich deprimierend und führte zu einer langen Abstinenz. Dann bekam ich meinen Kindle und stieß bei vielen Büchern, die ich mir anschaute, auf den Hinweis „Verlag: keiner“. Stutzen, sich fragen, wie das sein kann, und Google nutzen, waren eins. So kam ich zu KDP. Ich wollte einfach wissen, ob meine Bücher wirklich so schlecht sind, dass Verlage gar nicht anders konnten, als ablehnen. Ich weiß, ich war selbst vor zwei Jahren noch naiv.
3.    Wie sind deine bisherigen Erfahrungen mit Self-Publishing?
Es macht mir Spaß. Ich habe viel gelernt, habe nette Leute kennengelernt und Erfahrungen gesammelt. Mein Glück ist natürlich, dass ich die ganze Sache nur nebenbei betreibe und kein Geld damit verdienen muss. Wäre das so, würde ich mir Gedanken machen müssen, wie ich meine Umsätze steigern kann.
4.    Was findest du beim Self-Publishing problematisch?
Die Möglichkeit an sich ist einfach fantastisch. Allerdings führt sie zu einer immer größeren, für den Leser unüberschaubaren Menge an neuen Publikationen täglich. Damit gibt es für jeden Einzelnen, der veröffentlicht, immer weniger Anteil am Kuchen. Dann kommt noch eine Entwicklung hinzu, dass mancher meint, selbst ein Euro sei für ein Buch zu viel, illegale Tauschbörsen blühen auf und „Geiz-ist-geil“ regiert. Der Preiskampf, den die Self-Publisher notgedrungen selbst begonnen haben, schlägt auf sie zurück, da der Wert des Werkes „Buch“ von vielen Lesern nicht mehr wahrgenommen wird. Ich habe es in dieser Beziehung leicht, da mir als Amateur, die Kunst als Lohn genug sein könnte, wie jemand in anderem Zusammenhang in einem Forum so völlig untreffend bemerkte, aber es gibt Autoren, die wollen vom Schreiben leben.
5.    Was erscheint dir nützlich, um das Problem zu beheben?David Pawn: Pekunaria
Ich habe keine Lösung für das Problem. Tut mir leid. Aber auf keinen Fall sollten sich die Self-Publisher selbst klein machen. Vielmehr sollten sie immer wieder auf die Leistung verweisen, die sie mit der Herstellung eines kompletten Buches erbringen. Wenn dieses dann auch noch Verlagsqualität erreicht, gibt es keinen Grund es zu verschleudern.
6.    Wieso tust du dir die Härten des Selbstverlegers freiwillig an? (Leserfrage)
Ehrlich gesagt, weil bisher niemand meine Bücher verlegen wollte. Wobei, inzwischen habe ich Verlagsbücher gesehen, die den Wunsch danach auch gedämpft haben. Wenn natürlich Heine oder so kämen …
7.    Wer sind deine ersten Testleser? Und warum dürfen gerade diese Leser deine Worte zuerst genießen?
Anfangs hatte ich überhaupt keine Testleser. Das war gewiss eine große Schwäche. Inzwi-schen liest meine Tochter als eine der Ersten meine neuen Bücher und gibt auch ihre Kom-mentare ab. Sie ist zum Glück nicht das typische Familienmitglied, das einem nur Honig ums Maul schmiert, sondern legt durchaus die Finger in die Wunden, die noch klaffen. Seit Kur-zem liest auch eine Qindie-Kollegin meine Bücher im Test. Das sind dann schon sechs Augen, die auf einen neuen Text geworfen werden. Ich würde mich freuen, wenn sich Leute bei mir meldeten, die ebenfalls als Testleser fungieren möchten.
8.    Hat dich schon einmal ein Treffen mit einem Fan zu einer Idee inspiriert? (Leserfrage)
Nein. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich Leser habe, die sich als Fans bezeichnen würden. Ich glaube aber auch, dass ich selbst dann mit „Nein.“ antworten müsste, wenn ich Tausende Fans hätte. Die Ideen zu meinen Geschichten tauchen wie Moorleichen unvorhergesehen auf, dümpeln ein wenig auf der Oberfläche und ich muss dann eilig zupacken, ehe sie wieder in der Tiefe versinken.
9.    Kommt es vor, dass Figuren etwas anderes tun oder sagen, als du geplant hast? (Leserfrage)
Da ich ohne Plot schreibe, müssen sie das. Ich lasse mich von dem führen, was mir, also meinen Figuren, gerade in den Sinn kommt. Das kann allerdings auch zu einer Situation wie in der vergangenen Woche führen. Da stand mein Protagonist drei Tage lang auf einem Dach herum und tat nichts. Will heißen, ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte.
10.    Wie hat sich dein Alltag durch das Schreiben verändert?
Seltsamerweise gar nicht. Ich meine, ich lese jetzt nicht mehr auf der Fahrt von Dresden nach Leipzig und zurück, die ich täglich absolviere, ich schreibe. Die einzige Veränderung, die ich beobachte, bezieht sich auf mein Leseverhalten. Ich kann keine Bücher mehr lesen, ohne die kleinen Fehler und Schwächen zu bemerken, die andere Autoren sich erlaubt haben. Früher wäre mir vieles gar nicht aufgefallen, wo ich heute denke: ‚Oh Gott, und das in einem Verlagsbuch!‘
11.    Was machst du, wenn du nicht schreibst?
Hauptberuflich dressiere ich Computer. Gemeinsam mit meinen Kollegen entwickele ich Software für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Meine Hobbys: Ich lese. Außerdem bin ich ein Spielmatz. Am Computer, aber auch mit Brett oder Karten. Und wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich leider viel zu oft abends vor der Glotze hocke. Etwas so Kulturlo-ses sollte ein Autor natürlich nicht tun, aber häufig kann ich mich nach einem Arbeitstag nicht mehr zu sinnvolleren Aktivitäten aufraffen. Am Wochenende bin ich mit meiner Frau hin und wieder beim Wandern anzutreffen. Die Sächsische Schweiz lässt grüßen.
12.    Wie bist du zum Schreiben gekommen? Durch wen oder was?
Meine Zeiten als Autor lassen sich immer als Schübe beschreiben. Meine ersten Geschichten schrieb ich in der dritten Klasse. Dann folgte eine Zeit mit Gedichten. Zwischen Abschluss der zehnten Klasse und dem Abitur schrieb ich Stücke, während des Studiums Kurzgeschichten und Gedichte. Aber alle Texte waren schlecht, nein, nicht einfach schlecht, grottenschlecht. Nach der Wende bekam ich Stephen King in die Hände. Der hat mich Schreiben gelehrt, mit seinen Vor- und Nachworten und in „Sie“.
13.    Was liebst du am Schreiben? Was magst du nicht so sehr?
Ich liebe es, mir Geschichten auszudenken, Personen, Situationen. Ich hasse es, das alles über den mühsamen Weg des Schreibens niederlegen zu müssen. Ich liebe es, vor mir zu sehen, was meinen Helden passiert, wie sie kämpfen, um in der Welt klarzukommen, in die ich sie stelle. Ich hasse es, dass das nicht sofort da vor mir zu lesen ist, sondern ich es Wort für Wort aufschreiben muss.
14.    Wie geht deine bessere Hälfte/Familie mit deinem „Schreibwahn“ um?
Meine Familie ist da nicht betroffen, da ich wirklich nur auf der Zugfahrt schreibe.
15.    Was liest du gern? Welches Genre? Gibt es einen speziellen Autor? (Leserfrage)
Ich lese gern Thriller, Krimi, Fantasy, Horror und hin und wieder populärwissenschaftliche Bücher. Meine Lieblingsautoren sind Stephen King, Douglas Adams, Terry Pratchett, Agatha Christie, Erhard Agricola, Joanne K. Rowling, Richard Dawkins. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch andere Bücher mit Begeisterung gelesen hätte. Diese sind nur die Autoren, an deren Neuerscheinungen ich nicht vorbeikomme bzw. bei den verstorbenen, die ich regelrecht gesammelt habe.
16.    Wenn du als Autor ein Buch liest, machst du es hundertprozentig als Privatperson oder liest der Autor in dir? (Leserfrage)
Leider gelingt mir das neuerdings nicht mehr. Ich trauere den Tagen nach, da ein Buch ein-fach nur eine Entspannung war, ein Traum, dem ich mich voll und ganz hingeben konnte.
17.    Welches Buch hättest du gerne selber geschrieben?
„Die Nachtwächter“ von Pratchett. Aber eigentlich hätte ich noch viel lieber ein Buch ge-schrieben, das sich so gut verkauft, aber mein eigenes ist.
18.    Welche Kritik hat dich am meisten gefreut oder geärgert?
Jede sachliche Kritik zu einem Buch freut mich. Ist sie ein Tadel, wird sie mir helfen, besser zu werden. Na, und Lob freut doch jeden. Geärgert haben mich ein oder zwei Rachekritiken, die ich erhielt, nachdem ich die Werke von anderen Autoren nicht mit Lob überschüttet hatte. Das waren dann Ein-Satz-ein-Stern-Kritiken, einfach nur gehässige Äußerungen mit dem einen einzigen Ziel – zu verletzen. Nach zweien solcher Erlebnisse verkneife ich mir jetzt Bewertungen zu Büchern, es sei denn, diese wären wirklich gut.
19.    Was wird dein nächstes Projekt?
Der dritte Band meine Zaubertränke-Serie, „Felix Felicis“, wartet auf sein Cover. Ich würde mich freuen, diesen noch im März veröffentlichen zu können. Inzwischen sitze ich am vierten Band mit dem Titel „Dux Aquilaura“. Da geht es um Doping und Fremdenfeindlichkeit, aggressive Fans und das Stehen zur eigenen Überzeugung – natürlich bei Magiern. Irgendwann werde ich Abschied von Sophus, Lyra, Katenbauer und der Heilerstation im Harz nehmen müssen, aber noch ist es nicht soweit.
20.    Wo findet man dich im Internet?
https://www.facebook.com/DavidPawn22?ref=hl
https://www.davidpawn.de/
Allerdings bin ich kein besonders fleißiger Blogger. Ich gelobe Besserung.

 

Wir danken dir herzlich für das Interview und für deinen Einsatz für und auf der Leipziger Buchmesse.

About Florian Tietgen

... trat 1959 als jüngerer Zwilling seinen Bruder auf die Welt, bevor der Arzt entsetzt rief: "Huch da kommt ja noch einer." Seitdem verstecke ich mich erfolgreich in unterschiedlichen Berufen und habe seit 2003 verschiedene Geschichten und Bücher veröffentlicht. Vorwiegend schreibe ich für Jugendliche und Gesellschaftsromane.