Ihr habt Levi – Aus dem Leben eines Verrückten zum Qindie-Buch des Monats März gewählt. Wir gratulieren!
Die Autorin über die Entstehung des Romans
Dieses Buch gehört zu jenen, die mich als Schriftstellerin selbst überrascht haben, denn normalerweise benötigt es Wochen der Vorbereitungen, bis ich mit einem Roman beginnen kann.
»Levi« aber entstand aus einem Gedankenspiel und einem Bedürfnis heraus, und diese Kombination brannte in mir wie Feuer, sodass ich sofort loslegen musste.
Beides, Bedürfnis und Gedankenspiel, versuche ich nun einmal aufzuschlüsseln.
Das Bedürfnis:
Toleranz, Akzeptanz, Empathie, Menschlichkeit – das sind Worte, die wir unablässig hören und benutzen. Doch im praktischen, täglichen Leben kommen sie in Form von Handlungen (oder Gedanken und Worten) zu selten zur Anwendung. Die Gründe dafür sind so vielzählig wie es Menschen gibt. Immerhin sind sie individuell, sowohl die praktischen, täglichen Situationen als auch die Menschen.
Denn wie schnell fällen wir Urteile? Wie schnell messen wir unseren Mitmenschen Wert und Bedeutung bei? Wie schnell sind wir mit Herabwürdigung oder gar Diskriminierung zur Stelle? Wie schnell delegieren wir Verantwortung? Und wie schnell haben wir zu allem eine Meinung?
Das Gedankenspiel:
Aus diesem Bedürfnis heraus wollte ich als Autorin keine Urteile fällen – nicht einmal im Subtext. Ich wollte ein Geschehnis wiedergeben, nicht als Richter agieren oder etwas suggerieren.
Mir war klar, dass ich das nur erreichen konnte, wenn ich als Autorin einen Schritt zurück mache und mich möglichst wenig mit den fiktiven Ereignissen identifiziere. Auf das Schreiben übersetzt hieß das: Ich berichte nur. Ich bin Beobachter.
Um all das zuwege zu bringen, benötigte ich natürlich einen entsprechenden Protagonisten und ein entsprechendes Thema. Was böte sich da besser an als ein junger Mann, der anders ist als seine Mitmenschen, den diese Andersartigkeit aus der Gesellschaft ausgrenzt?
Levi und seine Psychose beziehungsweise seine Gabe waren geboren.
Immer wieder schreiben mir Leser und fragen mich, worum es sich nun handle, ob Levi nun ›verrückt‹, also psychotisch sei, oder ob er nicht doch eine besondere Gabe habe. Und ihnen allen antworte ich meinem Bedürfnis entsprechend: Ich weiß es nicht. Ich habe weder das eine noch das andere. Darum kann ich kein Urteil fällen.
Man könnte also sagen: »Levi« ist mein Bekenntnis zum Nichtwissen. Und mein Aufruf, aufgrund dieses Nichtwissens nicht leichtfertig über Andersartigkeit zu urteilen.