Wie ihr geht es wohl vielen Autoren. Der für einen Verlag geschriebene Roman wird nicht angenommen. Nicht, weil er schlecht wäre, sondern weil vielleicht ein neuer Lektor da ist, weil das Genre nicht mehr ins Verlagsprofil passt oder weil der Inhalt auf einmal zu gewagt erscheint.
Doch gibt es ja glücklicherweise bessere Möglichkeiten, als sich in den Schmollwinkel zurückzuziehen. Eine davon ist es, das Buch einfach selbst in die Hand zu nehmen und eigenverantwortlich an die Leser zu bringen. Mit ihrem Roman „Taterndorf“ hat Simone Knodel das glücklicherweise gemacht und wenn die Kenner des Romans sich jetzt fragen: „Knodel? Der Roman stammt doch von …“, haben sie natürlich recht. Auch davon steht etwas im Qinterview.
1. Wer bist du und was machst du in puncto Self-Publishing?
Ich bin Simone Knodel, ich schreibe auch unter dem Pseudonym Johanna Marie Jakob, vor allem historische Romane. Insgesamt gibt es fünf Romane von mir auf dem Markt, einen davon habe ich selbst verlegt. Er heißt „Taterndorf“, beruht auf der Geschichte meines Heimatdorfes und beschreibt die Zwangsansiedlung eines Zigeunerstammes im 19. Jahrhundert in Preußen.
2. Was hat dich dazu bewogen, deine Bücher selbst zu veröffentlichen?
Zwei meiner historischen Romane wurden vom Knaur Verlag veröffentlicht und eigentlich hatte ich das Manuskript für „Taterndorf“ auch für Knaur geschrieben. Doch nachdem ich es eingesandt hatte, kam plötzlich die Absage. Es passe nicht in den Mainstream, wurde mir gesagt, 19. Jahrhundert wäre nicht gefragt, die Leserinnen wollten Mittelalter. Das hat mich natürlich geärgert und nachdem ich auch über eine Agentur keinen Verlag fand, beschloss ich, das Buch selbst zu publizieren. Später begriff ich, dass es wahrscheinlich das brisante politische Thema war, das die Verleger zurückschrecken ließ.
3. Wie sind deine bisherigen Erfahrungen mit Self-Publishing?
Das Self-Publishing war für mich ein echtes Abenteuer. Allein schon die Anmeldung bei create-space war spannend und die englischen Anweisungen im Prozess der Erstellung, deren automatisierten Übersetzungen manchmal nur noch komisch waren, verursachten manches Herzklopfen. Aber als ich das erste Exemplar meines Buches bei amazon bestellte, war ich rundum glücklich. Geschafft! Und alles hatte ich selbst bestimmt, sogar das Cover war nach meinen eigenen Vorstellungen entstanden. Ein tolles Gefühl. Ein zweiter großer Vorteil ist die ständige Möglichkeit, etwas zu ändern. Es fanden sich noch drei Rechtschreibfehler (trotz professioneller Überarbeitung), die wurden verbessert und die Datei neu eingestellt. Auch das Cover habe ich nach einiger Zeit verändert.
4. Was findest du beim Self-Publishing problematisch?
Vor allem das Vorbereiten der Dateien und das Hochladen auf den Plattformen fiel mir schwer. Obwohl ich auch beruflich mit Textverarbeitung zu tun habe, waren die informationstechnischen Bedingungen der einzelnen Anbieter doch sehr unterschiedlich. Ich hatte auch e-books erstellt (bei amazon und bei neobooks), und die sind mir nicht so gut gelungen wie die Papiervariante. Ich denke da zum Beispiel an das aktive Inhaltsverzeichnis, das bis heute nicht funktioniert. Auch mit dem Cover hatte ich Probleme. Da ich keinerlei Erfahrung auf dem Gebiet des Coverdesigns hatte, wurde mein erstes Titelbild stark kritisiert und ich habe noch ein zweites anfertigen lassen.
5. Was erscheint dir nützlich, um das Problem zu beheben?
Nützlich wäre natürlich, zu lernen, wie man ein aktives Inhaltsverzeichnis erstellt. Ich muss gestehen, ich habe irgendwann aufgegeben. Ich hatte es mit Internet-Anleitungen probiert, aber es fehlte mir einfach die Geduld. Vielleicht gibt es mal irgendwann, irgendwo ein Seminar dazu. Da würde ich mich anmelden.
6. Wieso tust du dir die Härten des Selbstverlegers freiwillig an? (Leserfrage)
Ich bin ziemlich stur, wenn ich etwas will. Und ich wollte dieses Manuskript als Buch sehen. Außerdem bin ich neugierig und probiere gern etwas Neues aus.
7. Wer sind deine ersten Testleser? Und warum dürfen gerade diese Leser deine Worte zuerst genießen?
Mein Erstleser sind meine Mutter und meine Tochter, wobei letztere deutlich kritischer ist. Wenn sie sagt, das geht so nicht, dann weiß ich, da ist noch was im Argen. Ein Beispiel: In meinem ersten historischen Roman „Adelheid von Lare“ hatte der Protagonist ein Pferd namens Diabolo, vom Anfang bis zum Ende des Plots. Meine Tochter fragte: „Wie alt wird eigentlich ein Pferd?“ Ich forschte nach und ich musste mich tatsächlich von dem Tier trennen, irgendwann in der Mitte des Buches starb Diabolo an Altersschwäche. Solche Dinge findet meine Tochter. Im Übrigen hasse ich es, Tiere sterben zu lassen, das fällt mir schwerer, als die handelnden Personen „umzubringen“.
8. Hat dich schon einmal ein Treffen mit einem Fan zu einer Idee inspiriert? (Leserfrage)
Ja, es gab schon mal eine mysteriöse Begebenheit: Eines Tages standen zwei fremde Männer vor meiner Tür, und wollten zur „Schriftstellerin“. Sie hatten eine Geschichte im Gepäck, von der sie fanden, sie müsse aufgeschrieben werden. Es ging dabei um die Burg, die über meinem Heimatdorf auf einem Berg liegt. Die beiden waren Freizeithistoriker und waren bei ihren Nachforschungen auf diese besondere Geschichte gestoßen. Mein Schwager, der die beiden in seiner Kneipe verköstigt hatte, hatte sie zu mir geschickt. Aus dem, was sie mir berichteten, wurde mein dritter Roman „Das Geheimnis der Äbtissin“. Noch heute frage ich mich manchmal, welch seltsamer Zufall uns damals zusammenführte.
9. Kommt es vor, dass Figuren etwas anderes tun oder sagen, als du geplant hast? (Leserfrage)
Meine Figuren sind generell sehr selbstständig, sie halten sich nicht immer an meine Pläne. Und ich lasse sie auch meist „an der langen Leine“, fast immer kommt etwas Gutes dabei heraus.
10. Wie hat sich dein Alltag durch das Schreiben verändert?
Da ich überwiegend in den Ferien schreibe (ich bin hauptberuflich Lehrerin), hat sich mein Alltag nicht allzu sehr verändert. Besonders in den Sommerferien schlüpfe ich dagegen in die Rolle einer Ganztags- Schriftstellerin. Die Ruhe und das Alleinsein tun mir nach den anstrengenden Schultagen sehr gut. Und wenn ich völlig in meine Geschichten eintauche, ist das wie Urlaub. Nur ein bisschen besser …
11. Was machst du, wenn du nicht schreibst?
Langeweile kommt jedenfalls nicht auf: Ich tanze (Linedance), ich liebe Yoga, ich fahre Motorrad (nur als Beifahrerin), ich habe einen Garten, ich lese fast immer und überall. Und ich habe zwei supersüße Enkeltöchter, die mich auf Trab halten.
12. Wie bist du zum Schreiben gekommen? Durch wen oder was?
Als ich zu schreiben begann, lebten meine beiden Kinder noch im Haus. Außerdem hatten wir zwei Katzen und einen sehr eigenwilligen Hund. Es geschah also immer etwas, was sich aufzuschreiben lohnte. Ich hatte etliche kurze Geschichten zum Schmunzeln verfasst und – ohne große Hoffnungen – an verschiedene Redaktionen der Regenbogenpresse geschickt. Eine erste Geschichte wurde dann tatsächlich veröffentlicht, später schrieb ich sogar wöchentlich Fortsetzungsstorys für die „Glücksrevue“. Das war eine gute Schule, ich musste jede Woche einen Text liefern und durfte eine bestimmte Zeichenzahl nicht überschreiten. Ich musste also lernen, mich kurz zu fassen.
13. Was liebst du am Schreiben? Was magst du nicht so sehr?
Das Versinken in eine Geschichte ist für mich wie eine Zeitreise. Es ist, als wäre ich tatsächlich dabei. Ich kann Schicksal spielen und lerne beim Recherchieren etwas über die Geschichte unserer Vorfahren. Es ist spannend, sich auszumalen, wie sie vor Jahrhunderten gelebt haben. Weniger schön ist dann die Vermarktung, manchmal fühle ich mich wie ein Klinkenputzer, das würde ich am liebsten anderen überlassen. Geht aber nicht, weiß ich.
14. Wie geht deine bessere Hälfte/Familie mit deinem „Schreibwahn“ um?
Meine Kinder sind inzwischen erwachsen und gehen eigene Wege. Mein Mann ist beruflich sehr viel unterwegs, er merkt also meist gar nicht, wenn ich mal wieder im Mittelalter unterwegs bin. Allerdings begleitet er mich auf meinen Recherchereisen nach Italien, wo er mir eine sehr große Hilfe ist. Allein das Autofahren unter all den temperamentvollen italienischen Verkehrsteilnehmern wäre für mich ein Alptraum.
15. Was liest du gern? Welches Genre? Gibt es einen speziellen Autor? (Leserfrage)
Ich lese natürlich viele historische Romane, schon um zu sehen, wie andere Autoren arbeiten. Richtig gut finde ich Hillary Mantel oder Rebecca Gablé mit ihrer Waringham-Saga. Beides sind Autorinnen, die wirklich Geschichte vermitteln, sie recherchieren unglaublich gründlich. Auch Diana Gabaldon habe ich „verschlungen“ und unter anderem viel über die schottische Geschichte gelernt. Aber wenn ich einfach „nur lesen“ will, dann wähle ich einen Krimi. Die skandinavischen Krimis mag ich sehr, Hakan Nesser, Henning Mankel, Jussi Adler-Olsen oder Stieg Larsson. Von dem Briten Reginald Hill habe ich alle Bücher gelesen, bei ihm gefällt mir die gelungene Komposition von schwarzem Humor, wunderbar herausgearbeiteten Persönlichkeiten und spannender Ermittlung.
16. Wenn du als Autor ein Buch liest, machst du es hundertprozentig als Privatperson oder liest der Autor in dir? (Leserfrage)
In einem meiner ersten Schreibkurse sagte die Dozentin zu Beginn: „Sie werden nie wieder ein Buch lesen wie früher.“ Damit hatte sie Recht. Häufig denke ich beim Lesen: „Das ist gut, das ist gelungen, das müsste ich mir merken.“ Aber auch: „Das hätte ich anders gemacht.“ Manchmal finde ich leider auch grobe Fehler, bei denen ich mich frage, wo der Lektor seine Gedanken hatte (falls es einen gab). Selbst bei Ken Follet gibt es böse Schnitzer, und der hat bestimmt gute Lektoren.
17. Welches Buch hättest du gerne selber geschrieben?
Die ersten drei Bände von „Die Kinder der Erde“ von Jean M. Auel.
18. Welche Kritik hat dich am meisten gefreut oder geärgert?
Am meisten freut mich, wenn mir Leser schreiben, dass sie durch meine Bücher angeregt wurden, die Schauplätze – wie zum Beispiel die Burg Lohra über meinem Heimatdorf – zu besuchen. Ich ärgere mich bei berechtigter Kritik vor allem darüber, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin. So habe ich in „Adelheid von Lare“ einen Truthahn servieren lassen, den es damals in Europa noch gar nicht gab. Ärgerlich! In der zweiten Auflage wurde dann ein Kapaun daraus. Ich ärgere mich über Geschichtswissenschaftler, die über die „Schreiberlinge“ von historischen Romanen nur die Nase rümpfen. Ich habe selbst erlebt, dass die Leiterin eines Klostermuseums keinen Gesprächstermin für mich hatte, nachdem sie erfahren hatte, dass ich nie Geschichte studiert habe. Dabei bin ich überzeugt, dass mehr Leser über (sorgfältig recherchierte) historische Romane Geschichtskenntnisse erwerben als aus Geschichtsfachbüchern.
19. Was wird dein nächstes Projekt?
Zur Zeit arbeite ich am Nachfolgeband von „Das Erbe der Äbtissin“, der wahrscheinlich auch im Selbstverlag erscheinen wird, da es mit dem „Taterndorf“ gut funktioniert hat und der Knaur Verlag mich wieder einmal hängen lässt.
20. Wo findet man dich im Internet?
Unter www.johanna-marie-jakob.de und bei Facebook.
Vielen Danl für das Qinterview.