Zauber und Poesie, Gesang in den Lüften, das zarte Spiel funkelnder Schmetterlingsflügel, Bilder von Rausch und Tanz, goldener Lampenschein, der Geruch von Puder und Sägemehl, flüsternde, wispernde Tiefen und der Tanz von Sonnenstäubchen unter einem Himmel aus Holz und Leim. Wiehern und Peitschenknall, Schreie und Gelächter, eine Melodie, die leise und voller Sehnsucht durch das halbdunkle Rund weht. Lauter, fröhlicher Schall von Posaunen und Becken, Stimmen, die ›Ahhh‹ und ›Ooooh‹ seufzen, rote Backen und glänzende Augen, verstohlene Tränen und atemlose Erwartung.
Bühnenzauber – der gefährlichste unter allen Zaubern, gewebt aus Taubenfedern, Flitter, Farbe und Schminke, Holz und Leinwand, Schellenklang, kunstvoll gesetzten Worten, Masken und Musik, Tanz und bunten Kostümen.
Theaterzauber – frei, wild und unkontrollierbar. Nehmt euch vor ihm in Acht oder ihr seid ihm für immer verfallen!
Vorhang auf!
Wir befinden uns in Almay – einem kleinen Königreich, umringt von lauter großen, mächtigen Nachbarländern, dessen Einwohner ein beschauliches, recht provinzielles Leben abseits von großer Politik, großen Konflikten und großen Ereignissen führen.
Schaut man aus der Luft, wie vom Rücken eines mächtigen Adlers, auf das kleine Land, sieht man sanfte Wiesen und fruchtbare Felder, auf denen sich das Korn im Wind wiegt. Manchmal muss die Gendarmerie sich um Beschwerden kümmern, weil wieder einmal Gnome einen Gemüsegarten verwüstet haben oder eine Einhornherde auf der Flucht vor einem Werbären ein Weizenfeld zertrampelt hat, hin und wieder erschlägt jemand seinen Nachbarn im Streit oder eine Wirtshausprügelei gerät außer Kontrolle, aber dies alles sind nur kleine Turbulenzen im ruhig dahinfließenden Strom des Alltags.
Verlassen wir jetzt die Wälder und Hügel, Dörfer, Weiler und kleinen Marktflecken und nähern uns der Residenz.
Wir sehen behäbige Bürgerhäuser mit blitzsauberem Fachwerk und in der Sonne schimmernden Schindeldächern, einen großen Marktplatz und viele kleine Gassen, die darauf zulaufen.
Mägde mit Körben am Arm und Diener in feiner Livree eilen über den Platz. Wohlhabende Herrschaften flanieren die breite Kastanienallee hinauf zum Schloss, neben ihnen rumpelt eine Kutsche über das Kopfsteinpflaster.
Es wird Abend, der Chef-Laternenanzünder macht mit seinem Adjutanten die Runde mit dem langen Stab und entzündet eine nach der anderen die schönen neuen Gaslaternen, die der König hat aufstellen lassen.
Ebenjener König, Honorius Philipp Rudolf Spinell Ferdinand der Dritte, und seine königliche Gemahlin Bénédicte Hortense Joséphine Marguerite residieren in einem prächtigen Schloss. Es hat einen West- und einen Ostflügel, einen Nord- und einen Südturm, einen großen Park und ein Wasserclosett – Ferdinand der Dritte ist ein fortschrittlicher Monarch.
Natürlich gibt es in unserem Spiel auch einen Zauberer – was wäre ein König ohne seinen Hofzauberer? – und einen Bösewicht, der unseren Hauptdarstellern das Leben schwer macht.
Dann finden sich auf unserer Liste der Dramatis personae natürlich noch, wie könnte es anders sein, ein hübscher, junger Kronprinz und die kluge Tochter des Zauberers, die unglücklich, aber tapfer in den Prinzen verliebt ist – womit wir auch schon mitten in unserer Geschichte wären.
Philippa Saffronia liebt den Prinzen, aber welcher Prinz heiratet schon einen Zauberlehrling?
August liebt Pippa, aber welches kluge und hübsche Mädchen schenkt einem Tölpel wie ihm schon einen verliebten Blick?
Ein Schloss verschwindet und ein Zirkus, den es nicht geben darf, reist durch ein Land, in dem Lachen und Musik, Theater und Artistik verboten sind.
Ein stummer Riese beschützt die Tochter des Zauberers und seine Gedichte bergen ein Geheimnis, das entschlüsselt werden muss, damit alles wieder seinen Platz findet.
Und dann sind da noch die Wasserspeier, denen die Schlosstürme (mitsamt den fetten Tauben) abhanden gekommen sind.
Ein kalter Ostwind bläst über das Land und in der Dunkelheit lauern Ungetüme.
Pippa und August machen sich auf, um den bösen Zauber zu brechen.