seit einiger Zeit kann sich der Onlinehändler Amazon mit den Verlagen der Bonnier-Verlagsgruppe und Hachette nicht über die prozentuale Beteiligung an den Büchern einigen. Das passiert in allen Branchen jeden Tag und führt meistens dazu, dass ein Geschäft scheitert oder neu verhandelt wird. Das ist nicht ungewöhnlich und bleibt normalerweise zwischen den beteiligten Firmen.
Nun hat Amazon aber etwas gemacht, was in der Branche seit Jahren üblich ist. Es hat die Bücher der Autoren dieser Verlage aus den virtuellen Schaufenstern genommen und in die hinteren Regale gestellt, nicht etwa aus dem Programm gestrichen.
Wir können zusammen gegen den Kapitalismus sein, wir können zusammen kapitalistische Ausbeutung des Menschen bekämpfen und Amazon wie jedes andere Unternehmen dafür kritisieren. Aber als Kapitalist einen anderen an den Pranger zu stellen, weil er kapitalistischer agiert, ist wie Monopoly um die Regel zu ergänzen, wer die Schlossallee und die Parkstraße kauft, darf nicht mehr mitspielen.
Ich möchte nicht verhehlen, dass es für die betreffenden Autoren ärgerlich ist, ihren Platz im Schaufenster räumen zu müssen und die Bücher anderer Autoren vorzulassen. Da liegt es natürlich nahe, sie zur Geisel eines Machtkampfs zu stilisieren und von den anderen Autoren zu fordern, ihre Bücher aus Solidarität auch aus den Schaufenstern zu nehmen oder am besten gar nicht dort verkaufen zu lassen. Ist das nicht auch eine Art, Autoren als Waffen zu nutzen?
Klar, die Bücher und Autoren können nichts für die mangelnde Einigungskompetenz wegen der Pfründe. Aber das können die Autoren, deren Bücher tagtäglich nicht über den Buchhandel im Stadtteil entdeckt werden dürfen auch nicht.
Wir konnten noch nie davon ausgehen, dass die Gestaltung der Schaufenster und Regale des Buchhandels gerechten Prinzipien unterliegt. Auch konnten wir nicht davon ausgehen, dass Buchhändler ihren Kunden Bücher nach Kriterien anbieten, die nicht rein willkürlich sind. Selbst, wenn sie sich dabei am Geschmack des Kunden orientieren, ist es noch nie einem unbekannten Autor gelungen, über die persönliche Empfehlung, die Auslage oder das Schaufenster eines Buchhändlers zum populären Schriftsteller zu werden, solange der Verlag nicht investiert hat.
Wir Autorinnen und Autoren von Büchern jeder Couleur, die bei den Händlern wegen der zu kleinen und zu wenig zahlungskräftigen Verlage nicht einmal in die Regale, geschweige denn in die Auslage oder sogar die Schaufenster kommen, bitten ab sofort um gerechte Behandlung. Jedes neue Buch – wirklich jedes – bekommt in den ersten zwei Wochen einen Fensterplatz, danach einen in der Auslage und danach ist zumindest ein Exemplar immer im Regal, damit es von jedem Kunden gefunden werden kann.
Wir Autorinnen und Autoren von Büchern jeder Couleur sind der Meinung, dass kein Buchverkäufer den Verkauf von Büchern behindern oder gar Kunden vom Kauf von Büchern abhalten sollte, wie es jeden Tag in jeder Buchhandlung geschieht, weil existierende Bücher nicht gelistet werden oder nur mit zweiwöchiger Lieferzeit zu haben sind.
Wir Autorinnen und Autoren von Büchern jeder Couleur, die von den Feuilletons und Sendeanstalten wegen der zu kleinen und zu wenig zahlungskräftigen Verlage geflissentlich ignoriert werden, fordern Gleichberechtigung und ab sofort für jede Neuerscheinung Rezensionen in den überregionalen Print- und Sendemedien.
Das ist unmöglich?
Das ist ein zu regulierender Eingriff in Ihren Gestaltungsspielraum der Buchhändler und der redaktionellen Freiheit von Print- und Fernsehmagazinen?
Ach. 🙂
Verweis: www.fairer-buchmarkt.de
Sehr guter Artikel. Die Antwort der angesprochenen Autoren bzw. Buchhändler würde mich interessieren 🙂
Viele Grüße
Ann-Bettina
Frage 1: was bedeutet „existierende Bücher nicht gelistet werden …“
Wo nicht gelistet?
Frage 2: Was erwartest du von den „normalen“Buchhädnlern“, also dem Buchladen um die Ecke? Er soll jedes neue Buch in seinem Schaufenster präsentieren? Wie soll das gehen – bei den zigtausend Neuerscheinungen pro Jahr? Und du willst, dass jedes erschienene Buch im Regal steht? Sorry, das ist wirklich ein unrealistischer Wunsch!
Meine Erfahrung mit Amazon: die listen Bücher ohne Genehmigung des Autors/Verlags. Sie machen das mit jedem Buch, das bei VLB gelistet ist. Willst du das Buch nicht gelistet haben, hast du Pech gehabt. Amazon löscht es nicht mehr!
Meine Erfahrung mit dem örtlichen Buchladen: Obwohl ich regionale Autorin und Verlegerin bin, landeten meine „Neuerscheinungen“ irgendwo im Regal und verstaubten dort.
Ja Renate Blaes, das erwarte ich auch nicht ernsthaft von den Buchhändlern. Deshalb das kleine Wort „Ach“ am Ende. 😉 Aber offenbar scheinen andere Autoren zu glauben, sie hätten ein Anrecht darauf. 😉
Meine Erfahrung mit den zwei Buchläden die beide in etwa 500 Meter von mir entfernt sind bei meinem ersten Verlagsbuch: Der eine behauptete, er könne es gar nicht bestellen, der andere hat es vom Verlag direkt bezogen. Zwei Wochen Lieferzeit.
Meine Erfahrung mit Amazon: Wenn du das Buch nicht ins „select“ Programm stellst, werden die Rankings nach Verkäufen nur sehr zöglerich aktualisiert, zum Teil bis zu 24 Stunden.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich finde es nicht in Ordnung, wenn Amazon Autoren benachteiligt, nur, weil es sich mit dem Verlag nicht einigen kann (Obwohl ein Händler, der sich mit dem Lieferanten nicht über den Preis einigen kann, denn Ware normalerweise gar nicht anbietet).
Aber was die Unterzeichner beklagen, ist für weit mehr Autoren in weit mehr Buchhandlungen online und vor Ort Alltag. 😉
Hallo Florian, Amazon + „normale“ Buchhändler … ja, da liegt einiges im Argen. Für einen kleinen Buchhändler ist Amazon nur bedingt interessant – bei der Marge und dem Verwaltungsaufwand, der betrieben werden muss.
P. S.: Meine „Neuerscheinungen“ habe ich persönlich in den örtlichen Buchladen getragen. Habe mit dem Buchhändler geredet, habe mich ihm als kleiner Verlag und Autorin vorgestellt. Trotzdem stellte er meine Bücher (die weiß Gott nicht schlecht sind) weder ins Schaufenster, noch prominent im Laden zu den Neuerscheinungen, sondern versteckte sie hinten im Regal.
Vielen Dank für diesen Beitrag! Mir stößt seit langem unangenehm auf, wie in der Diskussion vergessen wird, dass heute die Handelsvertreter das Programm eines Verlages bestimmen und Jahrzehntelang die Buchhandelsketten entschieden haben, welches Buch im Regal versteckt und welches neben der Kasse auf dem Tisch gestapelt wird. Und immer ging es hier um Rabatte. Nein, Amazon darf und soll kritisiert werden, aber es ist heute noch so wie früher: das meiste Geld streicht der Buchhändler ein. Egal ob im Netz oder in der Fußgängerzone.