Schland 2014

Kolumne In YOUR Face - Jamie SantoroVon Jamie Santoro

Bald geht’s los. Die WM. Alle Kanäle sind voll davon. Alle. Wirklich alle. Wenn man sich nicht für Nationalmannschaftsfußballereien interessiert, muss man vermutlich auf den Mond ausweichen. Oder sich ins künstliche Koma versetzen lassen. Vielleicht wird deshalb rund um Fußball so viel getrunken.

Dennoch ist dieses Ereignis interessant. Nicht wegen des so genannten Sports, der ist jetzt einmal völlig egal. Das ist er als Sport sowieso, aber jetzt ganz besonders.

Es lohnt sich, dieses Ereignis als das zu betrachten, was es ist: Ein Milliarden schweres Geschäft. Sowohl das Fußballbusiness als auch sein Pendant, die olympischen Spiele sind Industrien nebst einem dazugehörigen medial-ökonomischen Komplex. Da werden Stadien und Luxusinfrastruktur in Länder geklotzt, die sich das nie leisten können und auch nicht leisten sollten. Weil sie Schulen bauen sollten. Krankenhäuser. Wohnungen. Das war schon in Südafrika so und ist jetzt in Brasilien wieder so. Wenn die Bevölkerung aufbegehrt, kommt das Militär.

Diese Veranstaltungen sind ein Menetekel.

Denn sie sind ein Vorgriff auf das, was uns in allen Bereichen unseres Daseins blüht, wenn wir nicht gut aufpassen. Die Wirtschaft bestimmt rigoros die Regeln, Funktionäre organisieren straff und rücksichtslos interessengeleitet, Polizei und Militär prügeln das widerspenstige Volk weg. Demokratie? Menschenrechte? Vollkommen egal, es geht schließlich ums Geschäft. Um Geld.

Brot und Spiele für manche, Millionen für wenige und auf die Fresse für viele.

Und der deutsche Michel hockt als typischer Blödmannsgehilfe vor der Glotze oder hopst beim öffentlichen Gucken herum und feuert Schland an, weil er glaubt, es ginge um sein Land. Und mittelbar um ihn. Als sei er wichtig.

Was das mit Büchern zu tun hat?

Was ist das für eine Welt, in der Kultur nur noch ein Geschäftsfeld ist? Und Kunst. Und Leben überhaupt.

Jamie Santoro

 

One Reply to “Schland 2014”

  1. jutta beer

    Du sprichst mir aus der Seele. Brot und Spiele, das ist das Rezept seit Urzeiten, um das Volk still zu halten, und das wird es auch bis ans Ende der Menschheit bleiben.