Von Simone Keil
Autorinnen essen viel Schokolade, man könnte auch sagen, sie haben ihren Beruf nur ergriffen, um reuelos Tonnen von Süßkram in sich reinzustopfen. Alle Autorinnen sind fett.
Es muss etwa 2007 gewesen sein, als ich meine Waage endgültig und für immer aus dem Fenster warf. Das war der Tag, an dem ich beschloss, Autorin zu werden.
Viele fette Autorinnen entschuldigen ihr Übergewicht mit einer Störung des Hormonhaushalts oder der Stoffwechselfunktion. Und, natürlich, die Drüsen. Ja, alles klar. Wenn ich einen dieser Taxierblicke über meine Hüften huschen spüre, dann sage ich: Ich bin Autorin. Bis jetzt hat niemand diese Begründung in Frage gestellt.
Wenn man mal genau darüber nachdenkt, dann leuchtet es auch ein. Autorinnen sitzen die meiste Zeit in ihrer Abstellkammer oder ihrem multifunktionalen Bügelzimmerchen und prokrastinieren. Was also soll man machen, wenn man genug Weizen angepflanzt, sämtliche Katzenbilder geliked und mit Oh, wie süüüüß!!! kommentiert hat und es immer noch sechs Stunden dauert, bis man dem Göttergatten von dieser tollen Figur erzählen kann, die man sich ausgedacht hat und über die man unbedingt, ganz sicher bald und sowieso irgendwann schreiben muss?
Als ich meinen ersten Fantasyroman schrieb, manifestierte sich eine Figur daraus und wurde zu meiner Stimme aus dem Off, meinem Muser, meinem Arschtreter, meinem Kontrapunkt. Waldi liebte Mon Chéri und stopfte sich die Dinger praktisch im Sekundentakt in den Mund (was ihn allerdings und leider nicht daran hinderte, dauernd dämliche Kommentare abzugeben).
Ich habe mich noch nie gefragt, tue es aber aus gegebenem Anlass jetzt, warum er ausgerechnet so scharf auf diese gummikirschbefüllten, billigfuselgetränkten Ekligkeiten war. Die Antwort liegt auf der Hand und ist so simpel wie logisch: Auf diese Weise konnte ich sogar Schokolade in mich reinstopfen, die ich nicht essen würde.
Wenn Autorinnen schließlich an einen Punkt gelangen, an dem die Tastatur unrettbar verklebt und der Schreibtisch unter Süßigkeitenverpackungen unauffindbar begraben ist, dann nennen sie das Schreibblockade. Und was hilft bei jeder Form von Kummer? – Und schon befinden wir uns in einem unauflösbaren Schreibblockschokoladenkreislauf.
In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende.